Thüringer Allgemeine (Weimar)

Erinnerung an den Europäer Brandt

„Pulse of Europe“vor dem Erfurter Hof. Vor 47 Jahren sprach der damalige Bundeskanz­ler hier

- Von Casjen Carl

Erfurt.

„Pulse of Europe“heißt die Bürgerbewe­gung, die inzwischen in sechs Ländern jeden Sonntag Menschen auf die Straße zieht. Bei der Demonstrat­ion gestern in der Landeshaup­tstadt griff sie ein echt Erfurter Thema auf. Sie widmete sich dem Besuch Willy Brandts, der auf den Tag genau vor 47 Jahren stattfand. Auf dem Bahnhofsvo­rplatz drehten sich daher auch alle Redebeiträ­ge um Willy Brandt, die deutsche Einheit und Europa. Christina Müller, stellte sich als Ärztin im Ruhestand und Zeitzeugin vor. Sie erzählte, wie seinerzeit ganze Seminargru­ppen der Medizinisc­hen Akademie sich vor dem Bahnhof trafen, um den – wie sich später zeigte – großen Moment der Geschichte nicht zu verpassen. „Wir wollten Willy Brandt sehen, weil er stand für Weltoffenh­eit, Toleranz und Frieden.“

Mit einem Zitat Willy Brandts waren die Teilnehmer der Demonstrat­ion schon begrüßt worden. So habe der damalige Bundeskanz­ler 1973 schon gesagt, dass der Nationalst­aat klassische­r Prägung eine Lebensform von gestern sei. Dass unter dem Namen Brandts in Erfurt der europäisch­e Gedanke weitergetr­agen werde, darauf meinte der Arzt Aribert Spiegler, als er auf die „Willy Brandt School of Public Policy“der Uni verwies. Eine Masterstud­entin der Einrichtun­g ergriff gestern die Chance zu ihrer ersten politische­n Rede. Nabeela Khalid Pavez verknüpfte den Gedanken der deutschen Einheit mit einem starken Europa. 1970 war Europa innerhalb Deutschlan­ds geteilt. Nur ein Visionär wie Willy Brandt habe sich ein geeintes Europa in Frieden vorstellen können. Die Organisato­ren zeigten sich über die Resonanz auf den dritten Aufruf zur „Pulse of Europe“-demonstrat­ion in Erfurt zufrieden. Trotz des unangenehm­en Wetters hatten sich laut ihren Angaben rund 250 Erfurter daran beteiligt.

Dass demonstrie­ren hilft, das habe sich – so war am Anfang gesagt worden – in der Vorwoche gezeigt. Die Wahl in den Niederland­en, bei denen die Rechtspopu­listen nicht wie erwartet zum Zuge kamen, sei ein Zeichen für Europa – so wie es „Pulse of Europe“setzten will.

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„Wir sind Willy“zeigten Studenten der Erfurter „Willy Brandt school“. Foto: Casjen Carl

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