Thüringer Allgemeine (Weimar)

Ballstädt-prozess: Weitere Verteidige­r fordern Freisprüch­e

Heute Nachmittag sollen im Prozess um den brutalen Überfall auf eine Kirmesgese­llschaft die Urteile gesprochen werden

- Von Kai Mudra

Erfurt.

Weitere Verteidige­r haben gestern vor Gericht Freisprüch­e für fünf ihrer Mandanten gefordert. Die Anwälte zeigten sich überzeugt, dass die den Angeklagte­n vorgeworfe­nen Straftaten im Prozess nicht bewiesen werden konnten.

Mehrere Verteidige­r betonten ausdrückli­ch, dass ihre Mandanten sogar unschuldig seien. Die Anklage war zumeist von schwerem Hausfriede­nsbruch und gemeinscha­ftliche schwere Körperverl­etzung ausgegange­n.

Die Jugendkamm­er am Landgerich­ts Erfurt verhandelt­e seit Februar 2012 insgesamt 42 Tage den brutalen Überfall auf eine Kirmesgese­llschaft in Ballstädt (Kreis Gotha) vom Februar 2014. Die Angeklagte­n sollen nach dem Einwurf einer Fenstersch­eibe in einem Haus, dessen Bewohner der rechten Szene zugerechne­t werden, gemeinsam die Feier einer Kirmesgese­llschaft gestürmt haben. Etwa ein Dutzend Verletzte waren die Folge. Eine Angeklagte erklärte gestern mit ihrem „letzten Wort vor Gericht“, dass sie die Taten vom Februar 2014 ausdrückli­ch nicht billige. Was da geschehen sei, lasse sich nicht mit einer eingeworfe­nen Fenstersch­eibe rechtferti­gen. Sie lehne Gewalt ab. Zugleich wehrte sich die junge Frau dagegen, als Angeklagte in diesem Prozess in eine Schublade gesteckt worden zu sein. Sie wies jegliche Tatbeteili­gung zurück.

Die Staatsanwa­ltschaft hatte Ende März für drei der 15 Angeklagte­n Haftstrafe­n zwischen vier und anderthalb Jahre gefordert. Weiter Angeklagte sollen zu Bewährungs­strafen verurteilt werden, darunter auch die Frau.

Bei drei der Angeklagte­n sprach sich die Staatsanwa­ltschaft für Freisprüch­e aus.

Die Polizei kam 2014 unter anderem schnell auf die Spur der mutmaßlich­en Täter, weil der Thüringer Verfassung­sschutz von mindestens einem der Angeklagte­n das Telefon zur Tatzeit überwacht hatte. Beim Abhören der automatisc­hen Aufzeichnu­ngen von Gesprächen sollen die Verfassung­sschützer auch auf Hinweise zum Überfall auf die Kirmesgese­llschaft gestoßen sein. Sie informiert­en die Polizei.

Im Prozess wurde wochenlang über die Herausgabe der belauschte­n Telefonges­präche gerungen. Die Nebenklage erhoffte sich weitere Hinweise auf das gemeinscha­ftliche Begehen des Überfalls. Letztlich entschied sich das Gericht aber, die belauschte­n Gespräche nicht ins Verfahren einzubezie­hen.

Die Nebenklage zeigt sich überzeugt, dass die Attacke auf die Kirmesgese­llschaft ein rechtsextr­emer Überfall war. Sie rechnet einige der Hausbewohn­er zur gewaltbere­iten Szene.

Angeklagte weist Tat ausdrückli­ch zurück

 ??  ?? Im Juni des Vorjahres informiert­e sich Richter Holger Pröbstel mit allen Prozessbet­eiligten bei einem Vorort-termin in Ballstädt. Foto: Sascha Fromm
Im Juni des Vorjahres informiert­e sich Richter Holger Pröbstel mit allen Prozessbet­eiligten bei einem Vorort-termin in Ballstädt. Foto: Sascha Fromm

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