Ultimatum an Steinbrück bis heute 12 Uhr
Gothaer Busunternehmer nutzt Kassensystem weiter, riskiert Schadenersatzklage. Zurückzuzahlende Fördermittel werden gepfändet
Jena/gotha.
Die Vertragsbeziehung des Busunternehmens Steinbrück mit der für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) mit Bussen im Landkreis Gotha zuständigen Regionalen Verkehrsgemeinschaft (RVG) sind endgültig beendet. Dies macht die RVG auf ihrer Internetseite bekannt, seitdem die Begründung eines Beschlusses im Eilverfahren am Oberlandesgericht (OLG) Jena vorliegt.
Unabhängig davon, ob man von gegenseitigen Verträgen oder Geschäftsbesorgungsverträgen ausgehe, sei die Vertragsbeziehung erloschen, so das Gericht. Das Gericht erwägt auch, dass die Firma Steinbrück verpflichtet wäre, das rechnergestützte Betriebsleitsystem (RBL), dessen Komponenten (Kassen, Fahrgastsysteme) auch in die Busse der Firma Steinbrück eingebaut sind, herauszugeben. Fragen, ob die gesamte Vertragsbeziehung zwischen der RVG und Steinbrück durch Kündigungen oder infolge der Insolvenz beendet worden seien, habe das Gericht jedoch nicht entscheiden brauchen, heißt es in einer Pressemeldung des OLG zum Urteil.
Gericht sieht keine Eilbedürftigkeit
Die Busfirma Steinbrück sieht in dem Urteil einen Erfolg für sich, denn die insolvente RVG hatte auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung geklagt. Die dafür erforderliche Eilbedürftigkeit sah das Gericht nicht und nannte mehrere Begründungen.
So sei es der RVG gelungen, auch ohne die Kassensysteme aus den Steinbrück-bussen seit fünf Monaten den ÖPNV im Landkreis Gotha aufrechtzuerhalten. Auch der Entzug von Fahrgeldeinnahmen, die der Insolvenzmasse zuzurechnen seien, sei kein Grund für eine Eilmaßnahme. Der Insolvenzmasse (der RVG) stünden Schadensersatzansprüche zu, falls die Firma Steinbrück auf Kosten dieser Masse Einnahmen erziele. Das heißt, das Gericht geht davon aus, daraus resultierende Forderungen könnten später mit Forderungen der Firma Steinbrück verrechnet werden. Trotzdem stellte Insolvenzverwalter Rolf Rombach der Busfirma ein Ultimatum, die Rblkomponenten am heutigen Mittwoch bis 12 Uhr zurück zu geben. Sie habe sonst mit Schadensersatzforderungen zu rechnen. Steinbrück lehnte die Rückgabe bereits ab.
Die Busfirma hatte in einem anderen Eilverfahren am Landgericht Erfurt einen vorläufigen Anspruch auf 675 000 Euro von der RVG erlangt. Erst dieser Anspruch führte zur Insolvenzanmeldung durch Rvg-geschäftsführer Uwe Szpöt. Zur Auszahlung gelangt der Betrag trotzdem nicht, denn mit der Insolvenz ruhen alle zivilrechtlichen Verfahren. Nur der Insolvenzverwalter Rolf Rombach kann entscheiden, welche Verfahren er wieder aufgreift. Die Nachforderung von rund 1,8 Millionen Euro für Fahrleistungen der Firma Steinbrück im BUS-ÖPNV in den Jahren 2014 und 2015 gehört nicht dazu, war aus der RVG zu erfahren. Unterschiedliche Auffassungen über eine angemessene Bezahlung der Busfahrleistungen Steinbrücks und Zweifel an der Korrektheit der Abrechnungen aus der Busfirma hatten den Gothaer Busstreit erst ausgelöst, der Anfang des Jahres 2017 darin gipfelte, dass die RVG andere Busunternehmen mit den Fahrleistungen beauftragte, die zuvor durch Steinbrück-busse erbracht wurden, der Unternehmer seine Kündigung nicht akzeptierte und seine Busse weiter fahren ließ. Dies wolle man auch mindestens bis zur ersten Gläubigerversammlung im Insolvenzverfahrens tun, war aus der Busfirma zu erfahren. Sie ist vom Landgericht Erfurt auf den 13. Juni festgelegt. Es hatte auch Rolf Rombach als Insolvenzverwalter bestimmt. Steinbrück bezweifelt unverändert die Notwendigkeit der Insolvenz und hat über seinen Rechtsanwalt Professor Martin Kupfrian Beschwerde eingereicht. Sogar Strafanzeigen gegen Landrat Konrad Gießmann, Rvg-geschäftsführer Uwe Szpöt und Rolf Rombach wurden gestellt. Allerdings hatte die Busfirma zunächst selbst einen Insolvenzantrag für die RVG gestellt, ihn dann aber wieder ohne Begründung zurückgenommen. Rolf Rombach erklärte dazu, er sehe dies gelassen, denn er habe bereits seit 27 Jahren erfolgreich Insolvenzverfahren geführt. Der Erfolg der Busfirma Steinbrück im Eilverfahren am Landgericht Erfurt, mit 675 000 Euro beziffet, wird durch eine endgültig rechtskräftige Rückzahlungsverpflichtung von rund 483 000 Euro an den Fördermittelgeber Amt für Bau und Verkehr geschmälert. Klagen der Busfirma gegen die Rückforderung waren erfolglos. Alle Rückzahlungsfristen sind abgelaufen. Eine Stundung hatte der Busunternehmer nicht beantragt. Inzwischen wurde das Finanzamt Gotha um Amtshilfe gebeten, um den offenen Betrag zu pfänden, war aus dem Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft zu erfahren. Aus dem Finanzamt selbst gibt es dazu keine Auskünfte. Auch solche Vorgänge unterliegen dem Steuergeheimnis.
Im Stadtrat Gotha fragen die Freien Wähler nach offenen Forderungen der Stadtwerke gegenüber Wolfgang Steinbrück Omnibusbetrieb und Reisebüro e. K. (eingetragener Kaufmann), da im Gothaer Kreistag bekannt geworden war, die RVG habe 2012 und 2013 Außenstände Steinbrücks bei den Stadtwerken ohne Vertragsbeziehung direkt beglichen. Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) wird die Fragen auf der nächsten Stadtratssitzung am 31. Mai im öffentlichen oder im nichtöffentlichen Teil beantworten müssen. Er ist Vorsitzender des Aufsichtsrates der Stadtwerke.
OB Kreuch muss Folgen für Stadtwerke erläutern