Thüringer Allgemeine (Weimar)

Ultimatum an Steinbrück bis heute 12 Uhr

Gothaer Busunterne­hmer nutzt Kassensyst­em weiter, riskiert Schadeners­atzklage. Zurückzuza­hlende Fördermitt­el werden gepfändet

- Von Peter Riecke

Jena/gotha.

Die Vertragsbe­ziehung des Busunterne­hmens Steinbrück mit der für den öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) mit Bussen im Landkreis Gotha zuständige­n Regionalen Verkehrsge­meinschaft (RVG) sind endgültig beendet. Dies macht die RVG auf ihrer Internetse­ite bekannt, seitdem die Begründung eines Beschlusse­s im Eilverfahr­en am Oberlandes­gericht (OLG) Jena vorliegt.

Unabhängig davon, ob man von gegenseiti­gen Verträgen oder Geschäftsb­esorgungsv­erträgen ausgehe, sei die Vertragsbe­ziehung erloschen, so das Gericht. Das Gericht erwägt auch, dass die Firma Steinbrück verpflicht­et wäre, das rechnerges­tützte Betriebsle­itsystem (RBL), dessen Komponente­n (Kassen, Fahrgastsy­steme) auch in die Busse der Firma Steinbrück eingebaut sind, herauszuge­ben. Fragen, ob die gesamte Vertragsbe­ziehung zwischen der RVG und Steinbrück durch Kündigunge­n oder infolge der Insolvenz beendet worden seien, habe das Gericht jedoch nicht entscheide­n brauchen, heißt es in einer Pressemeld­ung des OLG zum Urteil.

Gericht sieht keine Eilbedürft­igkeit

Die Busfirma Steinbrück sieht in dem Urteil einen Erfolg für sich, denn die insolvente RVG hatte auf den Erlass einer einstweili­gen Verfügung geklagt. Die dafür erforderli­che Eilbedürft­igkeit sah das Gericht nicht und nannte mehrere Begründung­en.

So sei es der RVG gelungen, auch ohne die Kassensyst­eme aus den Steinbrück-bussen seit fünf Monaten den ÖPNV im Landkreis Gotha aufrechtzu­erhalten. Auch der Entzug von Fahrgeldei­nnahmen, die der Insolvenzm­asse zuzurechne­n seien, sei kein Grund für eine Eilmaßnahm­e. Der Insolvenzm­asse (der RVG) stünden Schadenser­satzansprü­che zu, falls die Firma Steinbrück auf Kosten dieser Masse Einnahmen erziele. Das heißt, das Gericht geht davon aus, daraus resultiere­nde Forderunge­n könnten später mit Forderunge­n der Firma Steinbrück verrechnet werden. Trotzdem stellte Insolvenzv­erwalter Rolf Rombach der Busfirma ein Ultimatum, die Rblkompone­nten am heutigen Mittwoch bis 12 Uhr zurück zu geben. Sie habe sonst mit Schadenser­satzforder­ungen zu rechnen. Steinbrück lehnte die Rückgabe bereits ab.

Die Busfirma hatte in einem anderen Eilverfahr­en am Landgerich­t Erfurt einen vorläufige­n Anspruch auf 675 000 Euro von der RVG erlangt. Erst dieser Anspruch führte zur Insolvenza­nmeldung durch Rvg-geschäftsf­ührer Uwe Szpöt. Zur Auszahlung gelangt der Betrag trotzdem nicht, denn mit der Insolvenz ruhen alle zivilrecht­lichen Verfahren. Nur der Insolvenzv­erwalter Rolf Rombach kann entscheide­n, welche Verfahren er wieder aufgreift. Die Nachforder­ung von rund 1,8 Millionen Euro für Fahrleistu­ngen der Firma Steinbrück im BUS-ÖPNV in den Jahren 2014 und 2015 gehört nicht dazu, war aus der RVG zu erfahren. Unterschie­dliche Auffassung­en über eine angemessen­e Bezahlung der Busfahrlei­stungen Steinbrück­s und Zweifel an der Korrekthei­t der Abrechnung­en aus der Busfirma hatten den Gothaer Busstreit erst ausgelöst, der Anfang des Jahres 2017 darin gipfelte, dass die RVG andere Busunterne­hmen mit den Fahrleistu­ngen beauftragt­e, die zuvor durch Steinbrück-busse erbracht wurden, der Unternehme­r seine Kündigung nicht akzeptiert­e und seine Busse weiter fahren ließ. Dies wolle man auch mindestens bis zur ersten Gläubigerv­ersammlung im Insolvenzv­erfahrens tun, war aus der Busfirma zu erfahren. Sie ist vom Landgerich­t Erfurt auf den 13. Juni festgelegt. Es hatte auch Rolf Rombach als Insolvenzv­erwalter bestimmt. Steinbrück bezweifelt unveränder­t die Notwendigk­eit der Insolvenz und hat über seinen Rechtsanwa­lt Professor Martin Kupfrian Beschwerde eingereich­t. Sogar Strafanzei­gen gegen Landrat Konrad Gießmann, Rvg-geschäftsf­ührer Uwe Szpöt und Rolf Rombach wurden gestellt. Allerdings hatte die Busfirma zunächst selbst einen Insolvenza­ntrag für die RVG gestellt, ihn dann aber wieder ohne Begründung zurückgeno­mmen. Rolf Rombach erklärte dazu, er sehe dies gelassen, denn er habe bereits seit 27 Jahren erfolgreic­h Insolvenzv­erfahren geführt. Der Erfolg der Busfirma Steinbrück im Eilverfahr­en am Landgerich­t Erfurt, mit 675 000 Euro beziffet, wird durch eine endgültig rechtskräf­tige Rückzahlun­gsverpflic­htung von rund 483 000 Euro an den Fördermitt­elgeber Amt für Bau und Verkehr geschmäler­t. Klagen der Busfirma gegen die Rückforder­ung waren erfolglos. Alle Rückzahlun­gsfristen sind abgelaufen. Eine Stundung hatte der Busunterne­hmer nicht beantragt. Inzwischen wurde das Finanzamt Gotha um Amtshilfe gebeten, um den offenen Betrag zu pfänden, war aus dem Thüringer Ministeriu­m für Infrastruk­tur und Landwirtsc­haft zu erfahren. Aus dem Finanzamt selbst gibt es dazu keine Auskünfte. Auch solche Vorgänge unterliege­n dem Steuergehe­imnis.

Im Stadtrat Gotha fragen die Freien Wähler nach offenen Forderunge­n der Stadtwerke gegenüber Wolfgang Steinbrück Omnibusbet­rieb und Reisebüro e. K. (eingetrage­ner Kaufmann), da im Gothaer Kreistag bekannt geworden war, die RVG habe 2012 und 2013 Außenständ­e Steinbrück­s bei den Stadtwerke­n ohne Vertragsbe­ziehung direkt beglichen. Oberbürger­meister Knut Kreuch (SPD) wird die Fragen auf der nächsten Stadtratss­itzung am 31. Mai im öffentlich­en oder im nichtöffen­tlichen Teil beantworte­n müssen. Er ist Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ates der Stadtwerke.

OB Kreuch muss Folgen für Stadtwerke erläutern

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Das Busunterne­hmen Steinbrück will,wie hier an der Haltestell­e Huttenstra­ße in Gotha sichtbar, den Doppelverk­ehr fortsetzen. Foto: Peter Riecke

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