Sie verlieh den Frauen neuen Duft
Die italienische Modeschöpferin Laura Biagiotti starb im Alter von 73 Jahren an einem Herzanfall
Berlin.
Ihr Gesicht kannten nur wenige, doch ihr Name ist Millionen Frauen ein Begriff: Laura Biagiotti. Die italienische Schöpferin des berühmten Parfüms „Roma“ist nach einer Herzattacke in der Nacht zu Freitag plötzlich verstorben. Sie wurde 73 Jahre alt. Ihr Weltkonzern wird aber dank Tochter Lavinia weiterleben. Sie zeigte sich auf einem Foto von einer Modenschau, auf dem sie strahlend und Händchen haltend mit ihrer Mutter zu sehen ist. „Grazie di tutto“– „Danke für alles“, schrieb sie darunter.
Laura Biagiotti war eine Ausnahmeerscheinung. Andere Modedesignerinnen haben mit Kleidern, Capes oder Mänteln einen Platz in der Galerie belegt – sie nicht. Ihre Marke war der „Hauch der Ewigkeit“, wie sie ihr Parfüm nannte, dessen Vermarktung zu einem internationalen Verkaufsschlager wurde: „Roma“– in einem Flakon im Antik-stil, eine Art gläserne Säule mit orangefarbenen Essenzen darin. Lange belegte diese Kreation aus dem Jahre 1988 Platz drei der meistverkauften Parfüms, heute gehört er neben „Chanel No. 5“zu den bekanntesten der Welt. Es war der neue Duft der Frauen. Diese Mischung aus schwarzer Johannisbeere und sizilianischer Bergamotte mit Ambra, Vanille und Sandelholz, der ihnen einen Hauch von weiter Welt verlieh, ohne das Konto zu strapazieren. „Roma“war kein billiges Duftwässerchen, aber für knapp 30 Euro ein Stück Luxus, das sich in einem fast schon ikonografischen Fläschchen in der Handtasche vieler Frauen wiederfand.
Biagiotti – und das war das Besondere an ihr – war eine Modeschöpferin, der die Bedürfnisse ihrer Kundinnen nicht egal waren. Statt sie in steife Roben zu quetschen oder sie mit unbequemen Stoffen zu quälen, erfand sie einen Stil, der – welch Revolution – tragbar war. „Schmeichelhaft“, das wurde zum Etikett einer Mode, die nicht nur für Frauen mit Modelmaßen kreiert wurde. „Ich bekam mehr und mehr das Gefühl, dass die Phase der rein dekorativen Mode zu Ende ging. Beruflich aktive Frauen hatten andere Bedürfnisse“, so Biagiotti in einem Interview.
Ihr Stil von Eleganz und Lässigkeit war vor allem mit einem Edelmaterial verknüpft: Kaschmir, was ihr in der „New York Times“den Beinamen „The Queen of Cashmere“einbrachte. Kaschmir, aber auch Wolle oder Chiffon gehörten zu ihren bevorzugten Materialien, die sie – fast ausschließlich in der Farbe Weiß – zum Look ihres Labels machte.
„Weiß symbolisiert für mich Erneuerung und Reduzierung. All das also, was die jungen Kreativen der 70er-jahre antrieb“, erklärte sie einmal.
Dabei wollte Biagiotti einst lieber in Ruinen graben als Samt und Seide zu verfeinern. Die junge Laura wollte Archäologin werden und hatte sich schon an der Uni in Rom eingeschrieben. Sie nannte es später einmal „Pflichtgefühl“, dass sie ins Schneideratelier ihrer Mutter einstieg, statt in den Katakomben Roms nach Relikten der Vergangenheit zu forschen.
In den 60er-jahren gründete sie ihr eigenes Atelier, 1972 entstand ihre erste Kollektion unter dem Namen „Laura Biagiotti“. Bereits Ende der 80er-jahre wurde ihr als erste italienische Designerin gestattet, ihre Entwürfe in der Volksrepublik China zu präsentieren.
Und 1995 wurde sie sogar eingeladen, im Kreml in Moskau ein Defilee zu organisieren. Biagiotti schuf das bis heute gängige Bild der lässigen italienischen Eleganz, das auch Modeguru Giorgio Armani (82) in seiner Arbeit inspiriert hat.
„Laura war eine so großzügige und gebildete Frau“, sagte er jetzt zu ihrem Abschied. Eine Frau voller „Taktgefühl und Grazie“.
Ein Hauch von weiter Welt