Die wenigsten Schuldner in Jena und dem Eichsfeld
Höchste Quoten in Eisenach und Gera registriert. Schlimmste Fallen sind oft der Dispo-kredit und Handy-verträge
Erfurt.
Rund 170 000 Thüringer sind überschuldet, können ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. In 27 Thüringer Beratungsstellen bieten Experten Rat und Hilfe an. „Leider kommen die meisten Betroffenen viel zu spät zu uns, kommen erst, wenn es fast zu spät ist“, sagt Schuldnerberaterin Frederike Fernández Álvarez von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen. „Es braucht dann viele Gespräche, um Vertrauen aufzubauen, die finanzielle Situation zu stabilisieren, um zu verhindern, dass die Wohnung gekündigt oder Strom und Gas abgestellt werden.“Constanze Kögel von der Beratungsstelle der Awo in Eisenach ergänzt: „Die Betroffenen sind sehr dankbar für die Hilfe, die ihnen den psychischen Druck nimmt. Viele leiden wegen der Notlage unter schlaflosen Nächten, mehr als die Hälfte erkrankt an der Situation.“ Kollegin Nadine Schmidt bestätigt: „Sie haben keine Kraft mehr, die Briefe mit den Rechnungen zu öffnen. Sie wissen ja, was drinsteht und wissen, dass sie kein Geld dafür haben.“
Gemeinsam werden in den Beratungsstellen Finanzpläne entworfen, Ausgaben und Einnahmen aufgelistet, die Verpflichtungen sortiert. Dann wird ein Schuldenregulierungsplan erstellt, erklärt Beraterin Álvarez, damit der Betroffene wieder ins Leben findet.
Das Wichtigste ist, die Ausgaben zu prüfen, erklärt Constanze Kögel: „Brauche ich all die Versicherungen? Muss es ein Handy-vertrag sein oder reicht die Guthaben-lösung Prepaid? Beim wöchentlichen Großeinkauf mit einer Liste hat man die Alltagskosten besser im Blick als beim täglichen Schnupper-einkauf. Muss es das teure Fitnessstudio sein – oder kann ich auch im Wald laufen und trainieren?“
Schuldenfallen sind den Beratern zufolge der teure Dispo, Handyverträge – und leichtfertig aufgenommene Kredite. Ob im Internet oder in Elektronikmärkten: Kreditangebote gibt es an jeder Ecke. Ob sie immer seriös sind, lässt sich kaum erkennen. Susanne Dornaus-bätzel von der Awo Eisenach: „Der Konsumdruck ist groß geworden. Wir haben keine Geduld mehr, wollen das haben, was der Nachbar, der Kollege hat. Auch wenn wir es uns gar nicht leisten können. Alles liegt in den Auslagen parat, wir müssen nur noch zugreifen.“
Beraterin Álvarez: „Im Internet können wir alle sieben Tage lang 24 Stunden shoppen, bezahlt wird per Mausklick, egal, wie wenig gerade auf dem Konto ist, ich sehe es ja nicht.“
Ein untrügliches Alarmsignal für die Schuldenfalle? „Wenn man aus dem teuren Dispo-kredit nicht mehr herauskommt.“
Rechnungen bleiben ungeöffnet