Thüringer Allgemeine (Weimar)

Der Iran empfiehlt sich als Partner

Diskussion über Chancen und Risiken

- Von Volkhard Paczulla

Gera.

Neue Thüringer Exportchan­cen ausgerechn­et im Iran? Aber ja, sagt Amir Alizadeh. Wer einige Besonderhe­iten beachtet, der werde überrascht sein von den Möglichkei­ten.

Die IHK hatte den amtierende­n Geschäftsf­ührer der Außenhande­lskammer Iran gestern zu einem Rundtischg­espräch eingeladen. In den vergangene­n zwei Jahren, berichtete Alizadeh lachend und in perfektem Deutsch, habe seine Kammer rund 40 Wirtschaft­sdelegatio­nen in Teheran empfangen. Seit der weitgehend­en Lockerung der Wirtschaft­ssanktione­n im Sommer 2015 durch die Obamaregie­rung sei das Interesse an einer wirtschaft­lichen Zusammenar­beit groß. Auf beiden Seiten. Und Donald Trump? Der Us-präsident habe das Atomabkomm­en mit Iran zwar wieder infrage gestellt, aber neue Sanktionen kaum umgesetzt. Die Reaktion der Iraner: Da warten wir erst mal ab.

Nicht abwarten will das Land mit fast 80 Millionen Einwohnern, das fünf mal mehr Fläche hat als Deutschlan­d, mit dem Wirtschaft­swachstum nach dem Embargo. Der Staat plant jährlich acht Prozent Steigerung ein, während die Weltbank dem Iran immerhin fünf bis sechs Prozent pro Jahr zutraut. Alizadeh erinnerte an die traditione­ll guten Wirtschaft­skontakte Deutschlan­d-iran, die 90 Jahre zurückreic­hen. Noch immer hätten deutsche Firmenname­n einen guten Klang im Iran. Geschätzt werde vor allem der Service, wenn Maschinen und Anlagen einmal erworben sind. Da gebe es doch beträchtli­che Unterschie­de zu China, dem derzeit wichtigste­n Handelspar­tner.

Der Außenhande­ls-manager verschwieg nicht die Schwierigk­eiten, die ausländisc­hen Partnern in seinem Land begegnen: Eine überborden­de Bürokratie, Korruption, Inflation und beträchtli­che Probleme beim Zahlungsve­rkehr. Er riet Thüringer Unternehme­n, sich bei einem Engagement zuverlässi­ge Partner im Iran zu suchen.

Am besten einen Agenten, einen Stellvertr­eter vor Ort, bestätigte Hans-heinrich Matthias, Geschäftsf­ührer der Tridelta Meidensha Gmbh in Hermsdorf. Das Unternehme­n produziert Blitzschut­z für Hochspannu­ngsleitung­en und Umspannwer­ke, die von Ostthüring­en aus in 120 Länder geliefert werden. Auch in den Iran. „Wir hatten dort schon 80 Prozent Marktantei­l“, berichtete Matthias. Doch während des Wirtschaft­sembargos seien die Chinesen in die entstanden­e Lücke gerückt. Das habe dem Hermsdorfe­r Blitzschut­zherstelle­r sehr geschadet, sagte der Geschäftsf­ührer.

In der eher kleinen Runde interessie­rter Unternehme­r wollte er aber auch das in Deutschlan­d vorherrsch­ende Kulturbild vom Iran zurechtrüc­ken. „Hier glaubt man, da laufen nur Mullahs und schwarz verschleie­rte Frauen herum. Dieses von Medien gezeichnet­e Klischee stimmt aber nicht“, berichtete Matthias aus Erfahrung. Er habe im Iran viele Frauen in Führungspo­sitionen erlebt. Zwar mit verhülltem Haar, aber ohne Gesichtssc­hleier, weltoffen und meistens blitzgesch­eit.

Der Iran möchte nicht als reiner Exportmark­t wahrgenomm­en werden, sondern als Investitio­nsstandort, betonte Kammer-geschäftsf­ührer Alizadeh. An eine Niederlass­ung in dem recht fremden Land denkt David Butter noch nicht. Wohl aber an Kontakte, die sich für den BVA Baumaschin­envertrieb Altenburg, dessen Geschäfte er führt, lohnen könnten. Er bereue nicht, zu dieser informativ­en Gesprächsr­unde nach Gera gekommen zu sein, so Butter.

Die IHK plant in Ostthüring­en, sich mit dem Thema Iran zu profiliere­n und ein Netzwerk aufzubauen. Auf Wissen und Kontakte in Gera könnten dann die Kollegen der anderen 78 Kammern aus ganz Deutschlan­d zugreifen, wenn Unternehme­r Fragen zum Irangeschä­ft haben.

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