Umstrittener Uber-chef tritt zurück
Nach Skandalen um sexuelle Belästigung drängen Investoren Gründer Travis Kalanick zum Abschied
Berlin.
Am Ende ist es die Angst der Anleger um ihre Milliarden, die Uber-chef Travis Kalanick den Job an der Spitze des teuersten Start-ups der Welt kostet. In einem Brandbrief fordern der „New York Times“zufolge fünf Investoren den Rücktritt. Zu viele Skandale haben den Fahrdienstvermittler Uber zuletzt erschüttert und dem Ruf des ohnehin umstrittenen Unternehmens zusätzlich geschadet. Im Zentrum der Kritik dabei häufig: Uber-mitgründer und Chef Travis Kalanick selbst. Am Mittwoch kommt Kalanick der Forderung der nervös gewordenen Investoren nach und gibt den Chefposten bei Uber ab.
„In diesem schwierigen Moment in meinem persönlichen Leben habe ich die Forderung der Investoren akzeptiert, beiseitezutreten“, zitierte die „New York Times“Kalanick. Uber könne nun wieder zum Aufbauen zurückkehren, statt durch einen weiteren Kampf abgelenkt zu werden. Der Verwaltungsrat bezeichnet den Rückzug als Zeichen von Kalanicks Hingabe für Uber. Der Rücktritt gebe dem Unternehmen Freiraum, nun ein neues Kapitel aufzuschlagen.
Tatsächlich endet für Uber damit eine Ära. Zwar wird Kalanick als Mitglied des Verwaltungsrats weiterhin Einfluss haben, doch seine Zeiten als Alleinherrscher des Mobilitätsstart-ups sind vorbei. 2009 gemeinsam mit einem Freund in San Francisco gegründet, wurde Uber unter Kalanicks Führung zum wertvollsten Start-up der Welt. Zuletzt bewerteten Anlegern den Fahrdienstvermittler bei einer Finanzierungsrunde mit der Rekordsumme von 68 Milliarden Dollar (61 Milliarden Euro).
Investoren aus dem Silicon Valley begeisterte das aggressive Vorgehen Kalanicks, der sich anschickte, die Art und Weise zu revolutionieren, wie Menschen von einem Ort zum anderen kommen. Statt einen eigenen Fuhrpark zu unterhalten, vermittelt Uber lediglich private Fahrer, die eine Mitfahrgelegenheit anbieten und nimmt dafür Provision. Uber schreckte damit weltweit die Taxibranche auf.
Mit seinem aggressiven Vorgehen zog das Unternehmen jedoch in vielen Industrieländern auch Klagen auf sich. Der Vorwurf: Uber unterwandere Gesetze zur Personenbeförderung und halte Sozialstandards nicht ein. In Deutschland musste das Start-up seinen Dienst Uberpop nach einem Gerichtsurteil einstellen.
Zuletzt erschütterten Uber mehrere interne Skandale. Das Unternehmen geriet öffentlich immer stärker unter Druck. Eine ehemalige Mitarbeiterin hatte im Februar öffentlich erklärt, sie sei von ihrem Vorgesetzten sexuell belästigt worden, mit ihren Beschwerden in der Personalabteilung jedoch auf taube Ohren gestoßen.
Das Unternehmen setzte daraufhin eine Untersuchungskommission unter Führung des ehemaligen Us-justizministers Eric Holder ein. Im Zuge von Holders Untersuchung kam heraus, dass Uber nicht nur Regeln gebrochen hat, sondern sich auch etwa Behörden-kontrolleure vom Hals hielt. Das Unternehmen analysierte Daten, um die Kontrolleure zu erkennen und spielte den Personen dann falsche Daten ein. Us-staatsanwälte ermitteln deswegen gegen das Unternehmen.
Zudem tauchten unschöne Einzelheiten auf wie ein Besuch von Topmanagern in einer südkoreanischen „Karaoke-bar“, in der man auch Frauen mit Nummern auf dem Kleid zu sich an den Tisch einladen konnte. Erst vor einer Woche musste der Uber-direktor David Bonderman nach abfälligen Äußerungen über Frauen gehen.
Zu allem Überfluss reichte zuletzt die Google-mutter Alphabet eine Klage ein, die Ubers kühne Pläne mit selbstfahrenden Autos gefährden könnte.
Uber „ist die Definition einer toxischen Führungskultur“, und Kalanick „hat den Ton vorgegeben“, sagte Jason Hanold von der Personalberatung Hanold Associates. Zu diesem Ergebnis kam auch Holders Untersuchung. In den 13 Seiten langen Empfehlungen offenbart sich auch das Ausmaß der Mängel in Ubers Unternehmensführung. Mit Kalanicks Abtritt will Uber unter dieses Kapitel einen Strich ziehen. Wer das Unternehmen aus der Krise führen soll, ist noch nicht klar.