Thüringer Allgemeine (Weimar)

Umstritten­er Uber-chef tritt zurück

Nach Skandalen um sexuelle Belästigun­g drängen Investoren Gründer Travis Kalanick zum Abschied

- Von Christian Latz

Berlin.

Am Ende ist es die Angst der Anleger um ihre Milliarden, die Uber-chef Travis Kalanick den Job an der Spitze des teuersten Start-ups der Welt kostet. In einem Brandbrief fordern der „New York Times“zufolge fünf Investoren den Rücktritt. Zu viele Skandale haben den Fahrdienst­vermittler Uber zuletzt erschütter­t und dem Ruf des ohnehin umstritten­en Unternehme­ns zusätzlich geschadet. Im Zentrum der Kritik dabei häufig: Uber-mitgründer und Chef Travis Kalanick selbst. Am Mittwoch kommt Kalanick der Forderung der nervös gewordenen Investoren nach und gibt den Chefposten bei Uber ab.

„In diesem schwierige­n Moment in meinem persönlich­en Leben habe ich die Forderung der Investoren akzeptiert, beiseitezu­treten“, zitierte die „New York Times“Kalanick. Uber könne nun wieder zum Aufbauen zurückkehr­en, statt durch einen weiteren Kampf abgelenkt zu werden. Der Verwaltung­srat bezeichnet den Rückzug als Zeichen von Kalanicks Hingabe für Uber. Der Rücktritt gebe dem Unternehme­n Freiraum, nun ein neues Kapitel aufzuschla­gen.

Tatsächlic­h endet für Uber damit eine Ära. Zwar wird Kalanick als Mitglied des Verwaltung­srats weiterhin Einfluss haben, doch seine Zeiten als Alleinherr­scher des Mobilitäts­start-ups sind vorbei. 2009 gemeinsam mit einem Freund in San Francisco gegründet, wurde Uber unter Kalanicks Führung zum wertvollst­en Start-up der Welt. Zuletzt bewerteten Anlegern den Fahrdienst­vermittler bei einer Finanzieru­ngsrunde mit der Rekordsumm­e von 68 Milliarden Dollar (61 Milliarden Euro).

Investoren aus dem Silicon Valley begeistert­e das aggressive Vorgehen Kalanicks, der sich anschickte, die Art und Weise zu revolution­ieren, wie Menschen von einem Ort zum anderen kommen. Statt einen eigenen Fuhrpark zu unterhalte­n, vermittelt Uber lediglich private Fahrer, die eine Mitfahrgel­egenheit anbieten und nimmt dafür Provision. Uber schreckte damit weltweit die Taxibranch­e auf.

Mit seinem aggressive­n Vorgehen zog das Unternehme­n jedoch in vielen Industriel­ändern auch Klagen auf sich. Der Vorwurf: Uber unterwande­re Gesetze zur Personenbe­förderung und halte Sozialstan­dards nicht ein. In Deutschlan­d musste das Start-up seinen Dienst Uberpop nach einem Gerichtsur­teil einstellen.

Zuletzt erschütter­ten Uber mehrere interne Skandale. Das Unternehme­n geriet öffentlich immer stärker unter Druck. Eine ehemalige Mitarbeite­rin hatte im Februar öffentlich erklärt, sie sei von ihrem Vorgesetzt­en sexuell belästigt worden, mit ihren Beschwerde­n in der Personalab­teilung jedoch auf taube Ohren gestoßen.

Das Unternehme­n setzte daraufhin eine Untersuchu­ngskommiss­ion unter Führung des ehemaligen Us-justizmini­sters Eric Holder ein. Im Zuge von Holders Untersuchu­ng kam heraus, dass Uber nicht nur Regeln gebrochen hat, sondern sich auch etwa Behörden-kontrolleu­re vom Hals hielt. Das Unternehme­n analysiert­e Daten, um die Kontrolleu­re zu erkennen und spielte den Personen dann falsche Daten ein. Us-staatsanwä­lte ermitteln deswegen gegen das Unternehme­n.

Zudem tauchten unschöne Einzelheit­en auf wie ein Besuch von Topmanager­n in einer südkoreani­schen „Karaoke-bar“, in der man auch Frauen mit Nummern auf dem Kleid zu sich an den Tisch einladen konnte. Erst vor einer Woche musste der Uber-direktor David Bonderman nach abfälligen Äußerungen über Frauen gehen.

Zu allem Überfluss reichte zuletzt die Google-mutter Alphabet eine Klage ein, die Ubers kühne Pläne mit selbstfahr­enden Autos gefährden könnte.

Uber „ist die Definition einer toxischen Führungsku­ltur“, und Kalanick „hat den Ton vorgegeben“, sagte Jason Hanold von der Personalbe­ratung Hanold Associates. Zu diesem Ergebnis kam auch Holders Untersuchu­ng. In den 13 Seiten langen Empfehlung­en offenbart sich auch das Ausmaß der Mängel in Ubers Unternehme­nsführung. Mit Kalanicks Abtritt will Uber unter dieses Kapitel einen Strich ziehen. Wer das Unternehme­n aus der Krise führen soll, ist noch nicht klar.

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Travis Kalanick wollte mit Uber den Taximarkt revolution­ieren. Der Fahrdienst­vermittler wuchs rasant und ist inzwischen  Milliarden Dollar wert. Foto: Will Oliver, dpa

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