Deutschland ist digital tief gespalten
Studie: Kluft in der Internetnutzung verläuft nicht nur zwischen Jung und Alt, sondern auch zwischen Stadt und Land sowie Reich und Arm
Berlin.
Junge Deutsche verbringen täglich fast sieben Stunden im Internet. Das ist dreimal soviel wie ältere Bundesbürger, wie aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY hervorgeht, die dieser Zeitung vorliegt. Die digitale Kluft verläuft demnach aber nicht nur zwischen Jung und Alt, sondern auch zwischen Stadt und Land.
Den repräsentativen Ergebnissen der Untersuchung zufolge nutzen Deutsche im Alter von 21 bis 30 Jahren 6,9 Stunden pro Tag Internetfunktionen, zu denen nicht nur das Surfen per Browser, sondern zum Beispiel auch Apps und Spiele zählen. Wer älter als 61 ist, ist dagegen im Schnitt nur 2,3 Stunden pro Tag online. Zwischen 31 und 60 Jahren sind es um die vier Stunden täglich, die 18- bis 20-Jährigen kommen auf 5,1 Stunden. Online-zeit in der Arbeit wurde in die Auswertung eingeschlossen. Über alle Gruppen hinweg liegt die Online-zeit bei 4,4 Stunden. Männer verbringen 4,9 Stunden pro Tag online, Frauen nur 3,8 Stunden.
Große Unterschiede gibt es auch zwischen Stadt und Land. Während Städter im Schnitt 5,3 Stunden online sind, kommen die Deutschen im Umland und in ländlichen Regionen nur auf 3,7 Stunden. Das liege aber auch an der schlechten digitalen Infrastruktur außerhalb der Städte, vermuten die Ey-experten. Dort sind die Datenverbindungen im Schnitt meist deutlich langsamer.
Je nach Haushaltseinkommen unterscheidet sich die Internetnutzung ebenfalls erheblich. Bei mehr als 5000 Euro pro Monat liegt die Online-zeit bei über sechs Stunden pro Tag. Bei einem Einkommen von unter 3000 Euro sind es dagegen nur etwa vier Stunden.
Das Smartphone ist inzwischen das mit Abstand wichtigste Internet-gerät und wird von 78 Prozent der Befragten genutzt. Am häufigsten greifen die Besitzer auf Kommunikationsdienste wie Whatsapp zu. Gerade bei der Smartphone-nutzung treten die Unterschiede zwischen den Generationen besonders deutlich hervor: Die unter 30-Jährigen sind pro Tag rund drei Stunden mit diesen Geräten online, die über 60-Jährigen dagegen nur 40 Minuten.
Aus Sicht von Joachim Spill, Leiter des Bereiches Technologie bei EY, sind die geringen Nutzungsraten der Älteren „problematisch“, denn das gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Leben finde immer stärker auf digitalem Wege statt. Um der „digitalen Spaltung“entgegenzutreten, müssten Politik und Unternehmen größeres Verständnis entwickeln für den Bedarf von Senioren, am digitalen Leben teilzuhaben. Zum Beispiel sei das Bedürfnis nach gutem Datenschutz besonders hoch. Viele Anwendungen seien zudem zu kompliziert.