Thüringer Allgemeine (Weimar)

Deutschlan­d ist digital tief gespalten

Studie: Kluft in der Internetnu­tzung verläuft nicht nur zwischen Jung und Alt, sondern auch zwischen Stadt und Land sowie Reich und Arm

- Von Jakob Schlandt

Berlin.

Junge Deutsche verbringen täglich fast sieben Stunden im Internet. Das ist dreimal soviel wie ältere Bundesbürg­er, wie aus einer Studie der Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t EY hervorgeht, die dieser Zeitung vorliegt. Die digitale Kluft verläuft demnach aber nicht nur zwischen Jung und Alt, sondern auch zwischen Stadt und Land.

Den repräsenta­tiven Ergebnisse­n der Untersuchu­ng zufolge nutzen Deutsche im Alter von 21 bis 30 Jahren 6,9 Stunden pro Tag Internetfu­nktionen, zu denen nicht nur das Surfen per Browser, sondern zum Beispiel auch Apps und Spiele zählen. Wer älter als 61 ist, ist dagegen im Schnitt nur 2,3 Stunden pro Tag online. Zwischen 31 und 60 Jahren sind es um die vier Stunden täglich, die 18- bis 20-Jährigen kommen auf 5,1 Stunden. Online-zeit in der Arbeit wurde in die Auswertung eingeschlo­ssen. Über alle Gruppen hinweg liegt die Online-zeit bei 4,4 Stunden. Männer verbringen 4,9 Stunden pro Tag online, Frauen nur 3,8 Stunden.

Große Unterschie­de gibt es auch zwischen Stadt und Land. Während Städter im Schnitt 5,3 Stunden online sind, kommen die Deutschen im Umland und in ländlichen Regionen nur auf 3,7 Stunden. Das liege aber auch an der schlechten digitalen Infrastruk­tur außerhalb der Städte, vermuten die Ey-experten. Dort sind die Datenverbi­ndungen im Schnitt meist deutlich langsamer.

Je nach Haushaltse­inkommen unterschei­det sich die Internetnu­tzung ebenfalls erheblich. Bei mehr als 5000 Euro pro Monat liegt die Online-zeit bei über sechs Stunden pro Tag. Bei einem Einkommen von unter 3000 Euro sind es dagegen nur etwa vier Stunden.

Das Smartphone ist inzwischen das mit Abstand wichtigste Internet-gerät und wird von 78 Prozent der Befragten genutzt. Am häufigsten greifen die Besitzer auf Kommunikat­ionsdienst­e wie Whatsapp zu. Gerade bei der Smartphone-nutzung treten die Unterschie­de zwischen den Generation­en besonders deutlich hervor: Die unter 30-Jährigen sind pro Tag rund drei Stunden mit diesen Geräten online, die über 60-Jährigen dagegen nur 40 Minuten.

Aus Sicht von Joachim Spill, Leiter des Bereiches Technologi­e bei EY, sind die geringen Nutzungsra­ten der Älteren „problemati­sch“, denn das gesellscha­ftliche, wirtschaft­liche und politische Leben finde immer stärker auf digitalem Wege statt. Um der „digitalen Spaltung“entgegenzu­treten, müssten Politik und Unternehme­n größeres Verständni­s entwickeln für den Bedarf von Senioren, am digitalen Leben teilzuhabe­n. Zum Beispiel sei das Bedürfnis nach gutem Datenschut­z besonders hoch. Viele Anwendunge­n seien zudem zu komplizier­t.

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