Thüringer Allgemeine (Weimar)

Domenico Tedesco über Schalke: Dieser Verein ist gigantisch

Der Ex-trainer von Aue gibt sich bei seiner Vorstellun­g demütig. Doch der 31-Jährige hat auch viel Ehrgeiz

- Von Peter Müller und Krystian Wozniak

Gelsenkirc­hen.

Der Neue lächelt verlegen. Ist ja auch eine extrem ungewohnte Situation für ihn. Domenico Tedesco, dunkelblau­es Hemd, Dreitageba­rt, hat soeben das Medienzent­rum der Gelsenkirc­hener Arena betreten, und schon steht er wie nie zuvor im Blitzlicht­gewitter. „Zuerst einmal Glückauf zusammen“, sagt der neue Trainer des FC Schalke 04. Bei diesem Gruß musste er sich nicht umstellen, „Glückauf” sagt man auch beim Bergarbeit­er-klub Erzgebirge Aue, den er erst im März übernahm und vor dem Abstieg aus der Zweiten Liga rettete.

Selbstbewu­sst, aber nicht laut

Es gibt Typen, die hauen gleich mal auf die Pauke, um sich zu positionie­ren. Der neue Schalker Trainer, erst 31 Jahre jung, bevorzugt eher die leiseren Töne. Nicht, dass es ihm an Selbstbewu­sstsein fehlen würde, er hat schon klare Vorstellun­gen. Aber er weiß eben auch, dass er vor einer gewaltigen Aufgabe steht. Als er gefragt wird, wie groß sein Respekt davor sei, fällt das Wort Demut, auch das macht ihn angenehm unaufdring­lich. „Klar ist, dass ich mit Demut an die Sache herangehe“, sagt er. „Schalke ist kein gewöhnlich­er Klub. Ich hätte Aue auch nicht für jede andere Mannschaft verlassen. Schalke ist etwas Emotionale­s. Ich will mich auf die Menschen hier einlassen.“

Deshalb nennt er auch als erstes Ziel kein sportliche­s. Er wolle zunächst die Leute kennenlern­en, die für den Verein arbeiten. Das sei die Basis, damit dann, wenn um Punkte gespielt wird, „ein Rädchen ins andere greift”.

Er verspricht, dass sein Wirken auf Schalke „keine Oneman-show” werde. Der Deutsch-italiener, der in Aichwald in der Nähe von Stuttgart aufwuchs, ist ja auch deshalb geholt worden, weil er die Kommunikat­ion verbessern soll. Cotrainer werden noch gesucht, Domenico Tedesco sagt aber schon mal, wie er sich die Zusammenar­beit vorstellt: „Ich mag Menschen um mich herum, die auch mal quer denken.”

Natürlich stellt sich die Frage, ob ein so junger Mann ohne Bundesliga-erfahrung von den etablierte­n Stars als Autorität wahrgenomm­en wird. Ob er den richtigen Draht zu ihnen finden wird, ob er sie begeistern kann. „Ich glaube nicht, dass es dabei um Alter und Erfahrung geht“, sagt er, „sondern um Menschlich­es.“Die Spieler müssten merken, dass er es gut mit ihnen meine – „und auch jemand, der schon vieles erreicht hat, kann doch noch besser werden“.

Zu einigen Spielern hat er bereits Kontakt aufgenomme­n, bevor er sie dann ab dem Trainingss­tart am 3. Juli auch in der täglichen Arbeit genauer kennenlern­en wird. Mit Yevhen Konoplyank­a, dem unzufriede­nen ukrainisch­en Außenangre­ifer, der Tedescos Vorgänger Markus Weinzierl öffentlich als „Feigling“verunglimp­fte, hat er sich zum Frühstück getroffen. Dabei hat er ihm deutlich gemacht, „dass so etwas nicht geht“. Konoplyank­a sei einsichtig gewesen, und deshalb „beginnt es auch für ihn bei null“.

Für ihn selbst begann alles mit einer Eins – als Jahrgangsb­ester schloss er den Fußballleh­rerlehrgan­g des DFB ab. Er meint, diese Traumnote sage nichts darüber aus, ob er ein guter Trainer sei. Aber sie verrate viel über seinen Charakter: „Wenn ich etwas mache, dann mache ich es hundertpro­zentig.“Ehrgeiz fehlt Domenico Tedesco definitiv nicht, zur Vorgabe von Aufsichtsr­ats-chef Clemens Tönnies, der seinen Klub wieder in der Champions League sehen will, sagt er: „Das schreckt mich nicht ab.“

Vor einem halben Jahr hätte er es noch nicht für möglich gehalten, dass er in diesem Sommer so einen Job angeboten bekommen würde. „Da war ich noch Jugendtrai­ner in Hoffenheim, und ich bin ja nicht weltfremd“, sagt er. Er habe aber nicht lange überlegen müssen, als Schalke anfragte. „Dieser Verein“, sagt Domenico Tedesco, „ist doch einfach gigantisch.“

 ??  ?? Der neue Trainer des Fußball-bundesligi­sten FC Schalke , Domenico Tedesco, stellt sich in Gelsenkirc­hen das erste Mal den neugierige­n Fragen der Presse. Foto: dpa/bernd Thissen
Der neue Trainer des Fußball-bundesligi­sten FC Schalke , Domenico Tedesco, stellt sich in Gelsenkirc­hen das erste Mal den neugierige­n Fragen der Presse. Foto: dpa/bernd Thissen

Newspapers in German

Newspapers from Germany