Gaulands gefährliche Wortwahl
Afd-spitzenkandidat spricht bei einer Veranstaltung von „Entsorgung“der Integrationsbeauftragten und Spd-politikerin Özoguz. Er erntet parteiübergreifend harsche Kritik
Leinefelde. Afd-spitzenkandidat Alexander Gauland hat erneut durch abfällige Äußerungen über Deutsche mit Migrationshintergrund auf sich aufmerksam gemacht. Nach Fußball-nationalspieler Jerome Boateng traf es nun Staatsministerin Aydan Özoguz.
Özoguz hatte im Mai in einem Gastbeitrag die Ansicht vertreten, die Debatte über eine deutsche Leitkultur gleite oftmals ins Lächerliche ab. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung schrieb damals: „Kein Wunder, denn eine spezifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar“. Historisch gesehen sei die deutsche Geschichte eher von „regionalen Kulturen“, von Vielfalt und von Einwanderung geprägt. Gauland müssen diese Zeilen so geärgert haben, dass er sie nun bei einem Auftritt am Sonnabend im Eichsfeld aufgriff: „Das sagt eine Deutschtürkin. Ladet sie mal nach Eichsfeld ein und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist“, sagte er vor Zuhörern. „Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können“.
Besonders das Verb „entsorgen“ stieß auf massive Kritik von Politikern aller Parteien sowie in den sozialen Netzwerken. „Die Entgleisung von Gauland gegenüber Özoguz ist widerlich“, schrieb Spd-kanzlerkandidat Martin Schulz auf Twitter. „Wir müssen alles dafür tun, dass solche Rassisten nicht in den Bundestag kommen.“
Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte dieser Zeitung, Gauland lasse „jeden Anstand und Respekt gegenüber Andersdenkenden vermissen“, sei rassistisch und bedürfe endlich der Untersuchung durch den Verfassungsschutz. „Wenn rassistische Wortwahl nur noch ,Geschmackssache’ ist, und von ,schein-bürgerlichen’ Politikern unverhohlen weiter benutzt wird, dann schadet das dem Ansehen aller Deutschen im Ausland“, betonte Gabriel. Cdugeneralsekretär Peter Tauber erklärte: „Das nennt man Rassismus.“Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: „Frau Özoguz stammt aus Hamburg – insofern disqualifizieren sich diese Äußerungen von selbst.“Özoguz, die auch Spd-vizechefin ist, wollte Gaulands Äußerung nicht kommentieren.
Gauland bekräftigte am Montag seine Äußerung. „Ich habe etwas gesagt und ich stehe inhaltlich dazu.“Er werde diese Metapher aber künftig nicht mehr benutzen, da ihm „auch vernünftige Menschen“davon abgeraten hätten, sagte Gauland, der auch Afd-fraktionschef im brandenburgischen Landtag ist. Auf die Frage, ob er mit seiner Äußerung bei seinen Zuhörern in Thüringen Aggressionen gegen Özoguz habe schüren wollen, antwortete Gauland: „Nein, aber ich fürchte, sie hätte keine freundliche Aufnahme im Eichsfeld, weil die Leute dort wissen, was deutsche Kultur ist“. Laut Parteikreisen war Gaulands Ausspruch am Montag auch Thema in einer Telefonkonferenz des Afd-parteivorstandes. Ein Beschluss wurde dazu nicht gefasst. (mün/dpa)