Schulz gegen neuen Solidarpakt
Lob für Rot-rot-grün in Thüringen. Spd-kanzlerkandidat will sich für schnellere Rentenangleichung einsetzen
Erfurt. Vor seinem heutigen Wahlkampfauftritt in Erfurt hat Spd-kanzlerkandidat Martin Schulz die Entwicklung Thüringens gelobt. Gleichzeitig versprach er aber, nach einem Wahlsieg die Investitionen in den ländlichen Raum „massiv“zu erhöhen.
Es gebe in Ostdeutschland kein einheitliches Bild mehr, sagte er der Thüringer Allgemeinen. „Die Entwicklung in vielen ostdeutschen Zentren, zum Beispiel in Erfurt oder Jena, ist fantastisch.“Ein anders Positivbeispiel sei Südthüringen: „Mit der Wende hatte meine Heimatstadt Würselen eine Partnerschaft mit Hildburghausen abgeschlossen. Ich war deshalb sehr oft dort und kann beurteilen, wie es vorangeht. Dort ist die Entwicklung schon toll.“
Der Kanzlerkandidat sprach sich deshalb dagegen aus, nach dem Auslaufen des Solidarpakts II im Jahr 2019 das Förderprogramm für die neuen Länder fortzusetzen. „Wir wollen in die Zukunft des ganzen Landes investieren, in Schulen, Kindergärten, Universitäten, Infrastruktur, Forschung und Entwicklung und Breitbandausbau“, sagt er. „Eines neuen Solidarpaktes bedarf es dann nicht.“Das Angebot seiner Partei richte sich „nach den Bedürfnissen der Regionen, nicht nach der Himmelsrichtung“.
Schulz erklärte, die von der großen Koalition beschlossene Angleichung der Ost-renten an Westniveau schneller als bisher geplant durchführen zu wollen. „Wenn wir die Angleichung beschleunigen können, werde ich alles daran setzen“, sagte er. Hier gehe es um Respekt und um Gerechtigkeit.“Die Ostdeutschen hätten „eine unglaubliche Lebensleistung erbringen müssen und sie haben viel geschafft“, sagte der Spd-vorsitzende. Die Anerkennung dafür komme „bisher in der deutschen Politik viel zu kurz“.
Der Bundestag hatte im Juni mit den Stimmen von Union und SPD ein Gesetz verabschiedet, wonach die Ost-rentenwerte in sieben Schritten bis zum Jahr 2025 auf 100 Prozent des Westwerts angehoben werden. Der erste, kleine Schritt ist für den 1. Juli 2018 vorgesehen. Dann soll der aktuelle Rentenwert (95,7 Prozent) auf 95,8 Prozent erhöht werden.
„Wir wollten das schneller“, sagte Schulz unter Bezug auf frühere Pläne von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die Angleichung bis 2020 durchzuführen. Nach der Bundestagswahl würden „alle Rentenfragen auf den Tisch“kommen. Dann werde man sich „die Entwicklung anschauen und sehen, ob wir die Angleichung schneller erreichen können“.
Der Kandidat bekräftigte seine Überzeugung, trotz der schlechten Umfragen Bundeskanzler werden zu können. Es gebe „gute Gründe“an einen Wahlerfolg zu glauben, sagte er. „46 Prozent der Wahlberechtigten sind noch unentschieden. Wenn sich fast die Hälfte der Wähler nicht entschieden hat, dann ist auch die Wahl nicht entschieden, sondern offen.“Deshalb lohnt es sich zu kämpfen.
Schulz wich der Frage aus, ob er die rot-rot-grüne Landesregierung in Thüringen als Modell für den Bund sehe. „Die Koalition in Thüringen macht eine ordentliche Arbeit“, sagte er nur. „Die SPD ist ein wichtiger, stabilisierender Teil dieser Regierung.“
Für die Zeit nach der Abstimmung am 24. September zeigte sich der Parteichef aber offen für Gespräche mit der Linken. „Wer mit uns nach der Wahl auf der Grundlage unseres Programmes regieren will, kann auf uns zukommen“, sagte er. Einzige Ausnahme sei die AFD.
Allerdings stellte Schulz Bedingungen für die Gespräche. „Eines ist in unserem Programm zum Beispiel ganz klar: Das Ja zum Euro und zu multilateralen Verpflichtungen der Bundesrepublik im Rahmen internationaler Organisationen.“Das müssten die möglichen Koalitionspartner „schon unterschreiben“.
Die Linke spricht sich für einen Austritt Deutschlands aus der Nato aus. Auch sollen alle Auslandseinsätze beendet werden. Zudem hatte sich Linkespitzenkandidaten Sahra Wagenknecht immer wieder Eukritisch geäußert.