Ausgestorbene Rebsorte entdeckt
Auf den Hängen rings um Jena überlebt und gedeiht der längst vergessene „Süßschwarz“-wein
doch nicht pauschal als schlecht bezeichnen sollte.“
Tatsächlich lästerte die Jenaer Studentenschaft im Lied „Und in Jene lebt sich‘s bene“in Strophe 3: „Und ein Wein wächst auf den Bergen/und der Wein ist gar nicht schlecht/tut er gleich die Strümpfe flicken/und den Hals zusammendrücken/ist er doch zur Bowle recht!“
Proppe führt dies darauf zurück, dass wie auch anderswo in Jena meist gemischte Weine gekeltert wurden. Zudem habe man auf den einstigen Weinbergen, wie auch bei Großlöbichau den Weißen Heunisch – eine ebenfalls uralte Rebsorte – entdeckt. „Der Ertrag war bei dieser Sorte hoch, aber der Wein nicht sonderlich toll.“Dass die Rebsorte „Süßschwarz“in Jena die Jahrhunderte überdauerte, dies führt Ampleograph und Biologe Andreas Jung auf die Keuperböden rings um Jena und die Frankische Kopferziehung der Rebstöcke zurück. Die auf dem Boden sitzenden Köpfe der alten Reben wurden in strengen Wintern mit Erde oder Stroh abgedeckt und so vor Frost geschützt, die wechselfeuchten, sauerstoffarmen Keuperböden sorgten dafür, dass die Reblaus von den Stöcken fernblieb.
Die Südhänge in und um Jena müssen in früheren Jahrhunderten intensiv für den Weinbau genutzt worden sein. „Um die drei Millionen Rebstöcke müssen hier einmal gestanden haben. Jedes Jahr wurden zwischen 50 000 bis 60 000 Stöcke neu dazu gekauft, um die natürlichen Ausfälle durch Frost oder Schädlingsbefall zu kompensieren“, erzählt Karsten Kirsch. Mit dem Kauf neuer Stöcke aus Italien oder andernorts seien auch die Orchideen auf die Wiesen nach Jena gekommen. „Früher gab es nur Waldorchideen.“
Ständig entdeckt Kirsch bei seinen Touren neue, alte Weinstöcke. Erika Maul (links) vom Institut für Rebenzüchtung und Cornelia Kirsch vom Weinbau-verein haben an einem Muschelkalkhang eine uralte Weinrebe entdeckt. Frucht eines Jahre alten Mispelbaumes. Am Rand der Weinberge bei Jena sollten die Gewächse bewirken, dass die Weintrauben eine bessere Säuerung bekamen.
Manche gedeihen im Gebüsch versteckt, selbst an einer Eiche wurde das Vereinsmitglied schon fündig. Zudem entdeckte Kirsch viele andere Relikte des Weinbaus, wie Trockenmauern. „Die kann man überall finden, im Gleistal, im Gembdental, bei Dornburg oder in den Seitentälern.“
Seit 2016 sind die Erforscher des Jenaer Weinbaus in einem Verein organisiert, darüber hinaus gibt es eine Interessengemeinschaft, die sich um die Bewahrung des Erbes verdient macht. Winzer Proppe würde sich freuen, wenn es in ein paar Jahren gelingen würde, von den alten Süßschwarz-rebstöcken soviel Klone zu ziehen, dass
man einen Versuchs-anbau in Angriff nehmen kann. „Das hat schon einen großen Reiz.“
Weinexpertin Maul bescheinigte dem Verein, dass man mit der Rebsorte „Süßschwarz“ein deutschlandweites Alleinstellungsmerkmal habe. „Sie haben einen echten Schatz, der nur gehoben werden muss.“
Der Rotwein von der Saale und aus Jena muss jedenfalls wegen der angenehmen Süße der Beeren, des Wohlgeschmacks der Trauben berühmt gewesen sein. Bei längerer Maischevergärung, schreibt Jung, ließen sich auch hochqualitative und haltbare, dunkelrote, nach Veilchen duftende Rotweine herstellen, die eine Himbeernote haben.
Einst standen Millionen Rebstöcke hier