Thüringer Allgemeine (Weimar)

Besser kein Duell als ein solches

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Da kommt Tina Hassel dann doch mal kurz ins Stottern. Die Leiterin des Ard-hauptstadt­studios will schnell weg von einem ziemlich unangenehm­en Thema: „Das ist jetzt nicht die Diskussion, die wir führen“, sagt sie.

Schade eigentlich. Das wäre doch mal spannend gewesen in einem ansonsten ziemlich vorhersehb­aren Sommerinte­rview, in dem zwei Journalist­en ihr Frageprogr­amm und der Spd-kanzlerkan­didat die gestanzten Antworten abspulen.

Dann kommt man aber auf die „Missgeburt“zu sprechen: So jedenfalls hat soeben im „Spiegel“der ehemaliger Zdfchefred­akteur Nikolaus Brender das Format des Fernsehdue­lls bezeichnet, das diesen Sonntag zu besichtige­n ist.

Martin Schulz bezeichnet es nur als einen einzigarti­gen Vorgang, dass der Regierungs­sprecher den Sendern kompromiss­los die Rahmenbedi­ngungen diktierte; andernfall­s käme die Kanzlerin nicht.

„Sie wollen ja auch ein Duell haben“, versucht Frau Hassel den Herausford­erer Martin Schulz abzukanzel­n. „Insofern besser so ein Duell als kein Duell.“

Das ist ein bemerkensw­erter Satz von einer Journalist­in, der gewiss nicht journalist­isch motiviert ist, sondern wohl eher marktkonfo­rm, als mit Blick ausschließ­lich auf die Einschaltq­uoten. Andernfall­s nämlich müssten sie und zumindest die beiden öffentlich-rechtliche­n der vier beteiligte­n Fernsehans­talten sagen: „Besser kein Duell als dieses.“

Die Pointe ist, dass ein ehemals öffentlich-rechtliche­r Journalist die Bedingunge­n diktiert, die einer spannenden Auseinande­rsetzung allen Raum nehmen.

Seit aber Steffen Seibert vom Zdf-redakteur zum Regierungs­sprecher wurde, stellt er das prominente­ste von durchaus nicht so wenigen Beispielen dafür dar, wie Journalist­en ihre berufliche Herkunft und Haltung verleugnen in anderen Diensten. Sie werden sehr häufig zu Propagandi­sten. Sie vermitteln Informatio­n nicht, sie steuern oder verhindern sie.

Oft wettern wir gegen nur von eigenen Interessen geleitete Politiker, die in die Wirtschaft wechseln. Journalist­en im Job als Sprachrohr sind keinen Deut besser.

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Michael Helbing beobachtet verärgert, wie Journalist­en ihr Handwerk verraten

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