Freispruch ohne letzte Maulschelle
Kreishandwerkerschaften nahmen feierlich neue Gesellen in ihre Reihen auf
Apolda. „Nur die Harten kommen in den Garten“, machte Kreisbeigeordnete Christiane Schmidt-rose (CDU) den Handwerkern und ihren Angehörigen Mut, die am Samstagvormittag zu Beginn der feierlichen Gesellenfreisprechung vor der Bühne der Landesgartenschau buchstäblich im Regen standen.
Gemeinsam hatten die Kreishandwerkerschaften Weimarsömmerda und Mittelthüringen die Gelegenheit zur Freisprechung in so einem schönen Ambiente genutzt. 30 Lehrlinge in den Gewerken Anlagenmechaniker SHK, Maurer, Tischler, Steinmetze, Zimmerer und Bäcker galt es, nach den alten Regeln des Handwerks freizusprechen und zu Gesellen zu machen.
Auf die alten Regeln bezog sich vor allen Dingen Holger Prüfer, der Kreishandwerksmeister von Mittelthüringen. Er spannte den Bogen weit bis ins Mittelalter, wo Zünfte entstanden, die sich Statuten gaben. Und er wusste unterhaltsam von so manchen alten Bräuchen zu berichten. Davon beispielsweise, dass der Schmerz eine anerkannte Lehrmethode war. Und das sogenannte Freischelten, aus dem sich die Gesellenfreisprechung entwickelte, bedeutete nichts anderes, als dass der Stift die letzte Maulschelle des Meisters erhielt.
Heute, so Prüfer, wolle man die Tradition bewahren und sich der Moderne anpassen. Hier knüpfte Landtagspräsident Christian Carius (CDU) an, der als Ehrengast an der Festveranstaltung teilnahm. Heute, so Carius, schicke man den Lehrling eben nicht mehr den Kümmelspalter holen, sondern das WLAN-KABEL. Und es dauerte eine Weile, bis manche der älteren Gäste den Witz begriffen hatten. Wie sich die Anforderungen im Handwerk geändert haben, machte er am Beispiel der Schornsteinfeger deutlich, die heute mit modernen Messgeräten den Schadstoffausstoß an den Heizgeräten messen. Glück sollen sie übrigens noch immer bringen.
Bürgermeister Rüdiger Eisenbrand fühlte als vierter Redner seine Grußworte schon von den Vorgängern „pulverisiert“. Er appellierte an die Junggesellen, ihre neugewonnene Freiheit nicht nur zu genießen, sondern sie zudem als Chance zu betrachten.
Die Festrede hielt Thomas Malcherek, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Erfurt. Er lobte die Junggesellen auch, weil sie bewiesen hätten, dass sie durchhalten können. Das sei angesichts hoher Abbrecherquoten nicht mehr selbstverständlich.