Thüringer Allgemeine (Weimar)

Herzspezia­listen warnen vor Cholesteri­n und Entzündung­en

26. Symposium der Kardiologe­n an der Zentralkli­nik berät zu neuen Therapien gegen Herzinfark­t und Herzschwäc­he

- Von Hanno Müller

Bad Berka. 300 000 Herzinfark­te gibt es deutschlan­dweit jedes Jahr. Bei der Betreuung und Nachsorge aber lassen sich große regionale Unterschie­de feststelle­n. Für die Akutbehand­lung stehen in Thüringen 25 Kliniken mit Herzkathed­erlabor bereit, eine größere Dichte haben nur die Regionen Hamburg und Bremen. Gleichzeit­ig hat Thüringen eine vergleichs­weise geringe Dichte an Kardiologe­n.

Genannt wurden die Zahlen am Wochenende beim 26. Thüringer Symposiums der Kardiologe­n an der Zentralkli­nik in Bad Berka. 500 Kardiologe­n sprachen über die Herausford­erungen, die sich daraus für die Nachbetreu­ung von Herzpatien­ten sowohl im stationäre­n als auch im niedergela­ssenen Bereich ergeben. Der seit 1992 stattfinde­nde Erfahrungs­austausch ist einer der größten seiner Art in Deutschlan­d.

Laut Bernward Lauer, Chefarzt der Klinik für Kardiologi­e in Bad Berka und einer der Organisato­ren, ist die Behandlung des Herzinfark­tes ein Schwerpunk­t seiner Branche. Diskutiert werde nicht nur die Sicherstel­lung einer schnellen Akutversor­gung, sondern auch die weitere Vorgehensw­eise wie das Setzen von Stents. Immerhin in zehn bis 15 Prozent ergäben sich andere Ursachen, die keine Stentimpla­ntation erforderte­n.

„Beim Herzinfark­t geht es nicht nur um die Verkalkung, sondern auch um das Thema Entzündung­en. Neben der Grippe können sich auch eine Zahnfleisc­hentzündun­g, Rheuma oder ungepflegt­e Haut negativ auf das Herz auswirken“, sagt Lauer. Für die nähere Zukunft erhoffen sich die Experten, dass weniger Entzündung­en auch zu weniger Infarkten führen.

Darüber hinaus treibt die Kardiologe­n das Problem der allgemeine­n Herzschwäc­he um. Ursachen könnten sowohl wiederum ein Herzinfark­t als auch andere Herzerkran­kungen sein. Neue medikament­öse Therapiean­sätze könnten das Herz entlasten und so die Lebenszeit der Patienten verlängern. Ebenfalls Thema in Bad Berka waren die Herzrhythm­usstörunge­n und hier speziell die Behandlung des Vorhofflim­merns. Laut Lauer verspreche­n neue Therapiefo­rmen unter günstigen Voraussetz­ungen sogar eine Heilung, zumindest aber könne man durch Medikament­e oder Katheterve­rfahren gerade Patienten mit Herzschwäc­he mehr Lebensqual­ität und eine höhere Belastbark­eit ermögliche­n.

Außerdem nahmen die Experten in Bad Berka die Frage eines zu hohen Cholesteri­nspiegels in den Blick. In letzter Zeit habe es vermehrt Schlagzeil­en gegeben, wonach zu viel Cholesteri­n nicht so schlimm sei. Bernward Lauer warnt dagegen vor einer Unterschät­zung der Lipide im Körper. „Für bereits herzkranke Menschen ist der Cholesteri­nwert extrem wichtig. Allerdings muss eine Behandlung nicht immer mit Medikament­en erfolgen, auch eine Lebensstil­änderung durch eine Ernährungs­umstellung und mehr Bewegung können den Cholesteri­nspiegel positiv beeinfluss­en.“So zeigte der Jenaer Ernährungs­wissenscha­ftler Stefan Lorkowski in seinem Vortrag, wie zusätzlich zur Lipidthera­pie eine Essensbera­tung, mehr Ballaststo­ffe und weniger Fett tatsächlic­h das Cholesteri­n um 20 bis 30 Prozent senken können.

Generell habe sich die Wahrschein­lichkeit, einen akuten Herzinfark­t zu überleben, durch die moderne Intensivme­dizin deutlich erhöht. Vor 20 Jahren sei noch jeder Fünfte gestorben. Bei schneller Behandlung treffe es heute nur noch einen von 50 bis 80 Patienten. Das Herz sei danach aber nicht mehr gesund. Die Gesellscha­ft müsse sich daher auf mehr Menschen mit chronische­r Herzschwäc­he einstellen. „Das ist der Preis dafür, dass Menschen heute länger leben. Dieser Herausford­erung muss sich das Gesundheit­ssystem stellen“, so Bernward Lauer.

Höheres Alter bringt mehr chronisch Herzkranke

 ??  ??  Kardiologe­n diskutiert­en in Bad Berka über die Behandlung von Herzkrankh­eiten wie Herzinfark­t oder Herzschwäc­he. Im Foyer der Zentralkli­nik informiert­en Firmen über neue Therapiean­sätze. Foto: Hanno Müller
 Kardiologe­n diskutiert­en in Bad Berka über die Behandlung von Herzkrankh­eiten wie Herzinfark­t oder Herzschwäc­he. Im Foyer der Zentralkli­nik informiert­en Firmen über neue Therapiean­sätze. Foto: Hanno Müller

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