Thüringer Allgemeine (Weimar)

Ministeriu­m: Nur wenige Lehrer fühlen sich überlastet

Für das vergangene Jahr stehen landesweit 103 Anzeigen zu Buche – bei zirka 18 000 Pädagogen

- Von Sibylle Göbel

Erfurt. Sogenannte Überlastun­gsanzeigen, mit denen Lehrer und Erzieher ihren Vorgesetzt­en signalisie­ren können, dass ihnen die Arbeit über den Kopf wächst, haben in Thüringen eher marginale Bedeutung. Zwar wird, wie ein Sprecher des Bildungsmi­nisteriums betont, jeder Einzelfall sehr ernst genommen und gewissenha­ft geprüft. Doch gemessen an der Zahl der rund 18 000 Pädagogen im Land sei jene der Anzeigen wirklich gering: Gerade einmal 103 davon seien im vergangene­n Jahr bei den fünf Thüringer Schulämter­n eingegange­n – insgesamt. Und nicht allein mindestens 200 im Schulamt Ostthüring­en, wie es der Thüringer Lehrerverb­and jüngst vorrechnet­e.

Für Ostthüring­en, so der Ministeriu­mssprecher, liegen für das vergangene­n Jahr 40 Anzeigen vor, für Nordthürin­gen 18, für Südthüring­en 29 und für Mittelthür­ingen 13. Das Schulamt Westthürin­gen habe die Zahl lediglich schätzen können, weil dort Anzeigen so selten seien. Letztlich stünden nun drei zu Buche. Die Gründe für Überlastun­gsanzeigen ähneln sich: Horterzieh­er schlagen zum Beispiel Alarm, wenn sie wegen der Erkrankung von Kollegen plötzlich 40 oder 50 Kinder allein beaufsicht­igen müssen, überlange Arbeitszei­ten und gar keine Pausen mehr haben. Überhaupt entsteht Überlastun­g meist durch einen hohen Krankensta­nd im Kollegium.

So meldeten sich auch Schulleite­r, wenn ihr Stellvertr­eter langzeiter­krankt sei und die Arbeit dadurch überhandne­hme. Andere Lehrer signalisie­rten, dass sie zu viele verhaltens­auffällige Schüler gleichzeit­ig in der Klasse haben, so dass sie sich ihnen nicht mehr adäquat widmen können. „Die Probleme werden in den Dienstbera­tungen vor Ort angesproch­en oder individuel­l bei Einzelgesp­rächen“, sagt der Ministeriu­mssprecher. Im Ministeriu­m solle zudem jetzt eine Handreichu­ng zum Umgang mit Überlastun­gsanzeigen erarbeitet werden.

Der hohe Krankensta­nd bei Lehrern und Erziehern hängt nicht zuletzt mit dem vergleichs­weise hohen Durchschni­ttsalter der Thüringer Pädagogen von 51 Jahren zusammen. Zu Beginn des zweiten Schulhalbj­ahres will das Land 150 Stellen von Lehrern, die aus dem Dienst ausscheide­n, nachbesetz­en – 30 pro Schulamt. Insgesamt sollen in Thüringen in diesem Jahr 900 Lehrerstel­len besetzt werden, im kommenden 650.

Zu den 900 gehören auch 300 bislang befristete Stellen, die in unbefriste­te umgewandel­t werden sollen – und das neuerdings auch unterjähri­g, also nicht nur zu Schuljahre­s- oder Halbjahres­beginn.

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