Engagement für jüdische Mitbürger
Der kommende Mittwoch ist für Doris Heinze ein ganz besonderer Tag: Da wird sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf zehn Jahre „Begegnungsgruppe Judentum im Jüdischen Gemeindezentrum Jena“zurückblicken. Mit einem lachenden Auge, weil es eine Erfolgsgeschichte ist. Mit einem weinenden, weil sie die Leitung an eine Jüngere abgeben muss – sie selbst wird im März 79 Jahre alt.
Seit vielen Jahrzehnten schon interessiert sich Frau Heinze für die Geschichte der Juden in Jena. Unter anderem setzte sie sich dafür ein, dass die „Judenhäuser“im Gedächtnis der Jenaer verbleiben. Der Begriff entstammt der nationalsozialistischen Behördensprache und meint Häuser aus ehemals jüdischem Eigentum, in die ausschließlich jüdische Mieter zwangseingewiesen wurden. Auf diese Weise wurde Wohnraum für die „arische Bevölkerung“freigemacht. Die Juden verschwanden dann bald ganz aus dem Stadtbild.
Heute, 73 Jahre nach dem Holocaust, leben wieder welche hier. Etwa 200 russischsprachige Juden, sagt Doris Heinze, seien in einer jüdischen Gemeinde organisiert, die ihnen eine gewisse Geborgenheit gebe. „Wie aber ist ihr Verhältnis zu den Einwohnern Jenas? Was wissen wir von ihnen? Was wissen sie von uns und unseren Eigenarten?“Fragen wie diese treiben die Mitglieder der Begegnungsgruppe um, die seit 2008 etwa 120 Veranstaltungen auf die Beine gestellt hat, neben Lesungen, Konzerten und Gesprächsrunden auch Exkursionen.
Zum Beispiel waren sie im polnischen Belzyce, wo die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs ein Getto errichteten. „Wir sind dort freundlich empfangen und bewirtet worden und haben Kränze für die Juden niedergelegt, die in Zwangsarbeitsund Vernichtungslagern umgekommen sind.“Leider sei aus dieser Begegnung keine Städtepartnerschaft hervorgegangen, bedauert Doris Heinze.
Im Kleinen aber funktioniere das Zusammenleben seit Gründung der Gruppe besser, da sei es gelungen, gegenseitig Fremdheit abzubauen. So unterstützt Doris Heinze beispielsweise eine russische Musiklehrerin, die inzwischen in den Schuldienst übernommen wurde, beim Erlernen der deutschen Sprache.
Mit etwas Wehmut wird Doris Heinze übermorgen den Vorsitz abgeben, an die 63-jährige Olga Fäth, eine in Jena heimische Russlanddeutsche. „Eine glückliche Wahl“, wie sie findet. Doris Heinze wird weiter in der Gruppe mitwirken, so wie sie ja auch im Seniorenkreis der „Theaterbrücke“aktiv ist. Über die dramatischen Damen von Jena, die leidenschaftlich Anteil an den Aufführungen des jungen Theaterhauses nehmen, hatten wir uns vor einem Jahr kennen gelernt.
▶
Mittwoch, . Januar, . Uhr, Jüdisches Gemeindezentrum Jena