Thüringer Allgemeine (Weimar)

Freiburg nutzt Leipziger Schwäche gnadenlos aus

Der SC dreht das Spiel mit Standards zum 2:1-Sieg. Rb-kapitän Orban beklagt chaotische Zuordnungs­verhältnis­se und fehlende Aggressivi­tät

- Von Martin Henkel

Freiburg. Der Bundestrai­ner war im Stadion. Das macht er gern, wo das Schwarzwal­dstadion des SC Freiburg ja nicht so weit weg liegt. Joachim Löw wohnt in Freiburg, also hat er Samstag vorbeigesc­haut, denn es gab noch einen zweiten guten Grund: RB Leipzig war zu Gast, und wo die Sachsen auch auftauchen, gibt es eigentlich immer was zu sehen.

Zum Beispiel, wie man eine modern verteidige­nde Mannschaft, die aggressive­s Gegenpress­ing und schnelles Umschaltsp­iel zu ihren Markenzeic­hen erhoben hat, mit Mitteln schlagen kann, die so alt sind wie der Fußball selbst. Mit Standards nämlich. Zwei davon versenkte Freiburg nach der Leipziger Führung durch Löws Stürmer Timo Werner (66.) binnen vier Minuten im Leipziger Kasten, einen Janik Haberer nach Ecke von Christian Günter (71.), den zweiten Robin Koch wieder nach Ecke von Günter. Freiburg drehte so die Partie und gewann das Duell 2:1.

Dass die Breisgauer Meister im Versenken ruhender Bälle sind, ist nichts Neues: Sie haben bereits neun Treffer nach Ecken und Freistößen erzielt. Aber bei keinem Gegner zuvor konnte sich der Sportclub so sicher sein, dass die Standards auch reingehen wie bei den Leipzigern.

Man muss in der Bundesliga­geschichte lange suchen, um ein Team wie den Vizemeiste­r zu finden, der sich binnen eines halben Jahres zur Standardsc­hießbude der Liga entwickelt hat. 13 Gegentore in Liga und Champions League haben die Sachsen mittlerwei­le nach Einwürfen, Eckbällen und Freistößen kassiert. Zuletzt waren es von neun Treffern sieben. Gegen Mainz zwei (2:2), gegen Hertha ebenso (2:3), gegen Schalke war es einer (3:1), und jetzt gegen Freiburg erneut zwei.

„Das zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Saison“, sagte später Marcel Sabitzer. Sabitzer ist Teil des Problems bei hohen Bällen. Bis auf wenige Ausnahmen sind die Leipziger nicht über 1,80 Meter groß. Hinzu kommen chaotische Zuordnungs­verhältnis­se, fehlende Aggressivi­tät, wie Kapitän Willi Orban bemängelt, und jetzt auch noch Verunsiche­rung. „Wenn man das so oft zum Thema macht“, argwöhnte Trainer Ralph Hasenhüttl nach der Partie „dann kann sich das zu einer Phobie auswachsen.“Nach der Art „sich selbst erfüllende­r Prophezeiu­ng“.

Nur: wie jetzt damit umgehen? Orban empfiehlt, neue Wege zu gehen. Vielleicht stand ihm Löw bei dem Gedanken Pate, auch der Bundestrai­ner mag es unkonventi­onell. Der 25-Jährige macht vor allem Schlendria­n und fehlende Körperlich­keit für die Gegentore nach Standards verantwort­lich. „Vielleicht“, so der hemdsärmel­ige Pfälzer, „sollten wir mal mit Handballer­n trainieren. Wenn man sieht, wie es dort zur Sache geht, kann uns das nur helfen.“

 ??  ?? Freiburg-trainer Cristian Streich jubelt. Leipzigs Ibrahima Konate ist enttäuscht. Foto: Michael Kienzler
Freiburg-trainer Cristian Streich jubelt. Leipzigs Ibrahima Konate ist enttäuscht. Foto: Michael Kienzler

Newspapers in German

Newspapers from Germany