Freiburg nutzt Leipziger Schwäche gnadenlos aus
Der SC dreht das Spiel mit Standards zum 2:1-Sieg. Rb-kapitän Orban beklagt chaotische Zuordnungsverhältnisse und fehlende Aggressivität
Freiburg. Der Bundestrainer war im Stadion. Das macht er gern, wo das Schwarzwaldstadion des SC Freiburg ja nicht so weit weg liegt. Joachim Löw wohnt in Freiburg, also hat er Samstag vorbeigeschaut, denn es gab noch einen zweiten guten Grund: RB Leipzig war zu Gast, und wo die Sachsen auch auftauchen, gibt es eigentlich immer was zu sehen.
Zum Beispiel, wie man eine modern verteidigende Mannschaft, die aggressives Gegenpressing und schnelles Umschaltspiel zu ihren Markenzeichen erhoben hat, mit Mitteln schlagen kann, die so alt sind wie der Fußball selbst. Mit Standards nämlich. Zwei davon versenkte Freiburg nach der Leipziger Führung durch Löws Stürmer Timo Werner (66.) binnen vier Minuten im Leipziger Kasten, einen Janik Haberer nach Ecke von Christian Günter (71.), den zweiten Robin Koch wieder nach Ecke von Günter. Freiburg drehte so die Partie und gewann das Duell 2:1.
Dass die Breisgauer Meister im Versenken ruhender Bälle sind, ist nichts Neues: Sie haben bereits neun Treffer nach Ecken und Freistößen erzielt. Aber bei keinem Gegner zuvor konnte sich der Sportclub so sicher sein, dass die Standards auch reingehen wie bei den Leipzigern.
Man muss in der Bundesligageschichte lange suchen, um ein Team wie den Vizemeister zu finden, der sich binnen eines halben Jahres zur Standardschießbude der Liga entwickelt hat. 13 Gegentore in Liga und Champions League haben die Sachsen mittlerweile nach Einwürfen, Eckbällen und Freistößen kassiert. Zuletzt waren es von neun Treffern sieben. Gegen Mainz zwei (2:2), gegen Hertha ebenso (2:3), gegen Schalke war es einer (3:1), und jetzt gegen Freiburg erneut zwei.
„Das zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Saison“, sagte später Marcel Sabitzer. Sabitzer ist Teil des Problems bei hohen Bällen. Bis auf wenige Ausnahmen sind die Leipziger nicht über 1,80 Meter groß. Hinzu kommen chaotische Zuordnungsverhältnisse, fehlende Aggressivität, wie Kapitän Willi Orban bemängelt, und jetzt auch noch Verunsicherung. „Wenn man das so oft zum Thema macht“, argwöhnte Trainer Ralph Hasenhüttl nach der Partie „dann kann sich das zu einer Phobie auswachsen.“Nach der Art „sich selbst erfüllender Prophezeiung“.
Nur: wie jetzt damit umgehen? Orban empfiehlt, neue Wege zu gehen. Vielleicht stand ihm Löw bei dem Gedanken Pate, auch der Bundestrainer mag es unkonventionell. Der 25-Jährige macht vor allem Schlendrian und fehlende Körperlichkeit für die Gegentore nach Standards verantwortlich. „Vielleicht“, so der hemdsärmelige Pfälzer, „sollten wir mal mit Handballern trainieren. Wenn man sieht, wie es dort zur Sache geht, kann uns das nur helfen.“