Eisschnellläufer Beckert: „In der Form meines Lebens“
Erfurter als Fünfter mit Generalprobe zufrieden. Sprinterin Fatkulina trotz Olympia-bann auf dem Podest
Welche Bedeutung hat Erfurt für die Deutsche Eisschnelllauf-gemeinschaft?
Erfurt ist für den Verband als Trainings- und Wettkampfstätte sehr wichtig. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Hier gibt es viele Talente, die sehr gute Bedingungen haben.
Ist die Tatsache, dass nun acht Erfurter Sportler am Start waren, ein Beleg dafür?
Beim Heim-weltcup hatten wir mehr Startplätze zur Verfügung, aber trotzdem müssen sich die Athleten sportlich qualifizieren. Seit unserer Neuausrichtung vor zwei Jahren mit Cheftrainer Jan van Veen ist ein Ruck durch die Mannschaft gegangen.
Ist der Erfurter Jeremias Marx ein Talent mit Zukunft?
Ja, er hat die Chance, ganz oben anzukommen. Jetzt müssen aber all diese Talente es auch lernen, diese Chance zu nutzen.
Patrick Beckert geht seinen eigenen Weg. Der Verband unterstützt ihn dabei?
Ja, das haben wir schon vor mehr als einem Jahr besprochen. Da gibt es überhaupt kein Problem für uns.
Vor vier Jahren in Sotschi gab es keine deutsche Eisschnelllauf-medaille. Was wünschen Sie sich für die Winterspiele?
Ich wäre sehr zufrieden, wenn die Wünsche der Athleten in Erfüllung gehen würden. Und einige Sportler haben sich ja eine Medaille zum Ziel gesetzt.
Würden Sie es begrüßen, wenn Claudia Pechstein bei der siebten Olympia-teilnahme ihrer Karriere zur Eröffnung der Winterspiele die deutsche Fahne ins Stadion trägt?
Es wäre ganz sicher auch eine Ehre für den Verband und für unsere Eisschnellläufer sicherlich eine zusätzliche Motivation zu Beginn der Spiele. (alu) Voll konzentriert: In Südkorea will Patrick Beckert seine erste olympische Medaille gewinnen. Erfurt. Patrick Beckert wirkte restlos zufrieden. „Ich bin in der Form meines Lebens“, sagte der Erfurter Eisschnellläufer, als er in der Gunda-niemann-stirnemann-halle nach getaner Arbeit seine Sachen packte. Sein Resultat wertete er als gutes Omen. Über die 5000 Meter landete der Sportsoldat wie vor genau einem Jahr beim Weltcup in Berlin auf dem fünften Platz, bevor er drei Wochen später auf der Olympia-bahn in Gangneung die Bronzemedaille über die 10 000 Meter eroberte.
In 6:19,53 Minuten war er fast genauso schnell wie vor Jahresfrist in der Hauptstadt und nutzte auch dieses statistische Detail als klaren Beweis dafür, dass er für Olympia perfekt vorbereitet ist. „Ich war so schnell wie noch nie über die 5000 Meter auf der Bahn in Erfurt. Die Zeit ist auch deshalb so wertvoll, weil die Bahn in Berlin schneller ist als die in Erfurt“, sagte Beckert, der nun bis zum 30. Januar in seiner Heimatstadt trainieren wird, bevor er tags darauf nach Südkorea fliegt. „Jetzt kommt es darauf an, dass ich auf den Tag genau zu 100 Prozent fit bin“, sagte der Wm-dritte des Vorjahres.
Trotz aller Vorfreude auf Olympia gab es dennoch einige Verwunderung unter den Athleten. Denn beim Weltcup in Erfurt waren auch russische Sportler am Start, die vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wegen Verstöße gegen die Dopingregeln bei den Winterspielen 2014 in Sotschi von Olympia ausgeschlossen wurden. So landete Alexander Rumyantsev genau 1,78 Sekunden vor Beckert auf Platz vier. Der Weltverband ISU blieb bislang tatenlos, weil er erst die Entscheidung des Sportgerichtshofes CAS abwarten will, den die 39 russischen Sportler angerufen haben. Die Berufung soll von heute an verhandelt werden.
Auch Judith Dannhauer musste gegen eine bei Olympia gesperrte Athletin ran. Als die Erfurterin im zweiten 500-m-rennen in 38,84 Sekunden ihre Zeit vom Vortag (38,56 Sekunden) nicht ganz erreichte und nach Rang sieben diesmal Achte wurde, wurde Olga Fatkulina Dritte. „Es ist bizarr, dass sie hier läuft“, sagte Dannhauer über ihre russische Konkurrentin, die in Sotschi Olympia-silber geholt hatte. Später ermittelte die Oswaldkommission, dass sie in die Manipulation um Doping-proben verstrickt gewesen ist, woraufhin sie für Olympia lebenslang gesperrt wurde. Den Fokus nun vor allem richtet Dannhauer auf Olympia, wo Fatkulina ja nicht starten darf. Die 35-Jährige zog ein positives Weltcup-fazit. „Es war mein besten Weltcup-wochenende dieses Winters“, sagte die Erfurterin, die nun mit Dampfbädern und heißem Tee mit Honig ihre Erkältung besiegen will.
Nico Ihle blickte derweil nach seinem 17. Platz über die 500 Meter am ersten Wettkampftag wieder zufrieden nach vorn, als er im ersten 1000-m-rennen Platz fünf belegt hatte und tags darauf über die 500 Meter die gleiche Platzierung erreichte. Im zweiten 1000-m-lauf wurde er sogar Vierter.
Der Heimweltcup hat auch die Erfurter Hoffnungsträger für die Zukunft beflügelt. Jeremias Marx zum Beispiel lief als Neunter im zweiten 500-m-rennen der B-gruppe in 36,04 Sekunden die zweitbeste Zeit seiner Karriere und war als Sechster im ersten Lauf über die 1000 Meter der B-gruppe so gut wie noch nie platziert. „Natürlich waren nicht alle Teilnehmer kurz vor Olympia am Start. Aber diese Leistung beflügelt mich. Es macht einfach Spaß, wenn Familie und Freunde an der Bande stehen“, sagte der 20-Jährige, der ausgerechnet auf seiner Heimbahn die ersten Weltcuppunkte seiner Karriere eroberte. „Jetzt kommt es darauf an, Jeremias behutsam und Schritt für Schritt auf die nächsten Aufgaben vorzubereiten“, sagte sein Heimtrainer Peter Wild.
Pedro Beckert nahm bei seinem Weltcup-debüt die Disqualifikation im ersten 1000-m-rennen eher gelassen. „Das kann schon mal passieren“, sagte der jüngere Bruder von Patrick Beckert, der in der Kurve ein Klötzchen touchiert hatte und dafür aus der Wertung fiel. Im zweiten Rennen erreichte er als Elfter der B-gruppe das Ziel, während der in Erfurt trainierende Hendrik Dombek (20) vom Münchner EV als Neunter sogar noch einen Weltcuppunkt eroberte.
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Weitere Bilder vom Weltcup unter www.thueringerallgemeine.de Fotos (): Sascha Fromm
Jeremias Marx holt erste Weltcuppunkte