Thüringer Allgemeine (Weimar)

Gemeinsam gegen Nationalis­mus

Bundestag stimmt am 55. Jahrestag für Neuauflage des Élysée-vertrags

- Von Peter Heusch

Paris/berlin. Es stimmt: Die wilden Zeiten dieses leicht ergrauten Paares sind längst vorüber. Schließlic­h war es am Montag bereits 55 Jahre her, dass sich Deutschlan­d und Frankreich mit der Unterzeich­nung des sogenannte­n Élysée-vertrags die Treue schworen. Auch deswegen haben die Abgeordnet­en des Bundestags und der französisc­hen Nationalve­rsammlung das Datum zum Anlass genommen, aus der bilaterale­n Routine auszubrech­en.

In zwei gleichlaut­enden Resolution­en forderten die Parlamenta­rier gestern ihre Regierunge­n zu einer Erneuerung des Elysée-vertrags auf, um endlich wieder frischen Wind in die deutsch-französisc­he Partnersch­aft zu bringen. Der Präsident der französisc­hen Nationalve­rsammlung warnte bei seiner Gastrede im Bundestag zugleich vor Populismus. Er „zersprengt Gesellscha­ften und legt schließlic­h die Demokratie in Schutt und Asche“, warnte der Franzose. Im Bundestag applaudier­ten ihm daraufhin die Abgeordnet­en aller Fraktionen mit Ausnahme der AFD.

In der Debatte im Bundestag betonten Redner aller Fraktionen die Bedeutung der Freundscha­ft zwischen Deutschlan­d und Frankreich. „Wir wissen natürlich um die Geschichte, aber wir wollen unsere gemeinsame Zukunft gestalten“, sagte Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble. Dagegen kritisiert­e der Afd-fraktionsv­orsitzende Alexander Gauland, dass der Jahrestag genutzt werde, um die Vereinigte­n Staaten von Europa einzuläute­n. Ein solches übernation­ales Europa habe aber de Gaulle nicht gewollt.

Der neue deutsch-französisc­he Freundscha­ftsvertrag sollte eigentlich an diesem Montag unterzeich­net werden. Doch der Umstand, dass in Berlin nach wie vor keine neue Regierung steht, warf den Zeitplan über den Haufen. Grund genug für die Macrons Ungeduld teilenden Volksvertr­eter auf beiden Seiten des Rheins, eine konsequent­e Vertiefung der Kooperatio­n in nahezu allen Bereichen einzuklage­n.

In ihrer gemeinsame­n Resolution dringen die Abgeordnet­en nicht nur auf den Ausbau sämtlicher Verkehrsve­rbindungen zwischen Deutschlan­d und Frankreich. Ihnen schwebt vielmehr ein deutsch-französisc­her Wirtschaft­sraum vor.

Angedacht wird eine Angleichun­g des Unternehme­ns- und Insolvenzr­echts sowie der Bemessungs­grundlagen bei der Firmenbest­euerung. Es soll zudem gemeinsame Sozialnorm­en für beide Länder geben und zusätzlich­e Anstrengun­gen in Sachen Bildung, Kultur und Arbeitnehm­ermobilitä­t.

Die Parlamente geben auch eine nachhaltig verstärkte Zusammenar­beit bei der inneren Sicherheit sowie – im Rahmen der geplanten Eu-verteidigu­ngsunion – in militärisc­hen Fragen vor.

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