Gemeinsam gegen Nationalismus
Bundestag stimmt am 55. Jahrestag für Neuauflage des Élysée-vertrags
Paris/berlin. Es stimmt: Die wilden Zeiten dieses leicht ergrauten Paares sind längst vorüber. Schließlich war es am Montag bereits 55 Jahre her, dass sich Deutschland und Frankreich mit der Unterzeichnung des sogenannten Élysée-vertrags die Treue schworen. Auch deswegen haben die Abgeordneten des Bundestags und der französischen Nationalversammlung das Datum zum Anlass genommen, aus der bilateralen Routine auszubrechen.
In zwei gleichlautenden Resolutionen forderten die Parlamentarier gestern ihre Regierungen zu einer Erneuerung des Elysée-vertrags auf, um endlich wieder frischen Wind in die deutsch-französische Partnerschaft zu bringen. Der Präsident der französischen Nationalversammlung warnte bei seiner Gastrede im Bundestag zugleich vor Populismus. Er „zersprengt Gesellschaften und legt schließlich die Demokratie in Schutt und Asche“, warnte der Franzose. Im Bundestag applaudierten ihm daraufhin die Abgeordneten aller Fraktionen mit Ausnahme der AFD.
In der Debatte im Bundestag betonten Redner aller Fraktionen die Bedeutung der Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich. „Wir wissen natürlich um die Geschichte, aber wir wollen unsere gemeinsame Zukunft gestalten“, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Dagegen kritisierte der Afd-fraktionsvorsitzende Alexander Gauland, dass der Jahrestag genutzt werde, um die Vereinigten Staaten von Europa einzuläuten. Ein solches übernationales Europa habe aber de Gaulle nicht gewollt.
Der neue deutsch-französische Freundschaftsvertrag sollte eigentlich an diesem Montag unterzeichnet werden. Doch der Umstand, dass in Berlin nach wie vor keine neue Regierung steht, warf den Zeitplan über den Haufen. Grund genug für die Macrons Ungeduld teilenden Volksvertreter auf beiden Seiten des Rheins, eine konsequente Vertiefung der Kooperation in nahezu allen Bereichen einzuklagen.
In ihrer gemeinsamen Resolution dringen die Abgeordneten nicht nur auf den Ausbau sämtlicher Verkehrsverbindungen zwischen Deutschland und Frankreich. Ihnen schwebt vielmehr ein deutsch-französischer Wirtschaftsraum vor.
Angedacht wird eine Angleichung des Unternehmens- und Insolvenzrechts sowie der Bemessungsgrundlagen bei der Firmenbesteuerung. Es soll zudem gemeinsame Sozialnormen für beide Länder geben und zusätzliche Anstrengungen in Sachen Bildung, Kultur und Arbeitnehmermobilität.
Die Parlamente geben auch eine nachhaltig verstärkte Zusammenarbeit bei der inneren Sicherheit sowie – im Rahmen der geplanten Eu-verteidigungsunion – in militärischen Fragen vor.