„Die deutsche Demokratie wurde in Weimar erfunden“
Chefin Anne Meinzenbach will „Haus der Weimarer Republik“zu einem modernen und zeitgemäßen Museum mit Forschungs- und Bildungsangeboten machen
Weimar. In der Coudrayschen Wagenremise am Theaterplatz sind nach dem Auszug des Bauhausmuseums die Türen verschlossen, für das künftige „Haus der Weimarer Republik“muss es saniert werden. Zur Vorstellung von dessen Leiterin Anne Meinzenbach gastierte der Verein „Weimarer Republik e. V.“gestern im Stadtmuseum.
Ein Grund mehr für Vereinschef Michael Dreyer, zu versichern, dass das Haus zur ersten parlamentarischen Demokratie in Deutschland dem Stadtmuseum keine Konkurrenz machen, sondern dessen Beschäftigung mit Nationalversammlung und Weimarer Verfassung von 1919 ergänzen soll.
Die museale Gestaltung liegt nunmehr in den Händen der 36-jährigen Anne Meinzenbach. Expertise habe sie sich sowohl durch ihre museale und historische Ausbildung als auch als Kuratorin der Porzellanwelten auf der Leuchtenburg bei Kahla erworben, freute sich Dreyer. Zudem bringe sie Erfahrungen aus der Museumslandschaft der USA mit, die der deutschen voraus sei. Die Mutter einer Tochter hatte ab 1999 studiert, von 2008 bis 2017 war sie bei der Stiftung Leuchtenburg. An den juristisch umstrittenen Teilen der Porzellanwelten habe sie keinen Anteil gehabt, versicherte sie gestern.
Derzeit erkunde sie, wie sich Inhalte und Gestaltung zum schlüssigen Gesamtkonzept vereinbaren lassen, zu dem auch ein Begegnungszentrum mit Café und Shop gehören. Entstehen soll eine moderne Präsentation von Geschichte, die mit zeitgemäßen Bildungsangeboten und einer weitreichenden wissenschaftlichen Vernetzung einhergeht. Auch sonst werde man sich in die Weimarer Museumstopografie eingliedern.
Der Verein machte gestern deutlich, dass man im Haus der Weimarer Republik vor allem auf neue multimediale Darstellungsformen setzen will. Trotz einiger Ankäufe, etwa von Plakaten, verfüge man über keinen großen Ausstellungsfundus. Es gebe aber kaum bekanntes Filmmaterial, das nur gefunden werden müsse. „Wir wollen keine Exponateschau anbieten, sondern eine Geschichte erzählen, die Geschichte der ersten wirklichen Demokratie in Deutschland. Diese wurde quasi in Weimar erfunden“, sagte Dreyer. Dabei soll auch das bisherige Bild der Weimarer Republik gerade gerückt werden.
Erinnert werde diese meist von ihrem Scheitern her. Ohne Folgen wie das Dritte Reich auszublenden, werde das Haus sich stärker dem Anfang zuwenden. „Errungenschaften wie Mitbestimmung, Betriebsrätegesetz, Parlamentarismus, Verhältnisoder Frauenwahlrecht stammen aus dieser Zeit. Die Quote von 37 Frauen in der Nationalversammlung wurde erst wieder in den 1980ern erreicht“, schwärmt Dreyer. Es gelte deutlich zu machen, dass dies nicht selbstverständlich ist.
„Etwas zeigen“will man spätestens 2019, wann das Haus der Weimarer Republik öffnet, sei aber ungewiss. Eine tragfähige Dauerausstellung sei wichtiger als die Einhaltung von Jahrestagen, hieß es gestern. Für 2020 ist ein Anbau geplant. Die Finanzierung der baulichen und musealen Vorhaben sei gesichert. Für Letztere stocke das Bundesjustizministerium seine Mittel für 2019 auf.