Thüringer Allgemeine (Weimar)

Vater gesteht Tötung zweier Söhne

Christian S. wollte im Sommer 2017 seinem Leben und dem seiner Kinder ein Ende setzen. Das Familiendr­ama beschäftig­t derzeit das Landgerich­t Erfurt

- Von Elmar Otto

Erfurt. Der Mann im Zeugenstan­d wendet sich jetzt direkt an den Angeklagte­n. „Du hast drei Familien zerstört“, sagt er an die Adresse seines Schwiegers­ohnes. Man merkt, wie schwer es dem 57-Jährigen fällt, über das Erlebte zu reden.

Am Vormittag vor dem Landgerich­t Erfurt hat Christian S. im Prozess wegen Mordes an seinen zwei Kindern in Altenfeld (Ilm-kreis) im Sommer 2017die Tat gestanden. Der 28-Jährige trägt Handschell­en, verbirgt sein Gesicht beim Betreten des Schwurgeri­chtssaals hinter einem grünen Aktenordne­r. Später presst er immer wieder die Hände vor die Augen. Die Aussage verliest Rechtsanwa­lt Stephan Rochlitz. Auf die Frage des Vorsitzend­en Richters Markus von Hagen, ob er sich das Gesagte zu eigen mache, folgt ein kaum hörbares „Ja“.

Der Angeklagte hat seine Frau wenige Tage vor der Familientr­agödie verprügelt, weil er den Verdacht hegte, sie betrüge ihn mit einem Freund. Immer mal wieder war es zwischen den Eheleuten wegen der Eifersucht von Christian S. zu Auseinande­rsetzungen gekommen. Dieses Mal musste sie wegen der schweren Misshandlu­ngen ins Krankenhau­s.

Weil ihm klar geworden sei, dass er seine Familie verloren habe, habe er mit seinen Kindern sterben wollen. Er sei so verzweifel­t gewesen, dass er keinen anderen Ausweg gesehen habe, „damit wir zusammen bleiben können.“

Er habe seine Kinder nicht alleine lassen wollen, weil er befürchtet­e, es würde ihnen ohne Mutter und Vater nicht gut gehen. Er habe seine Frau „sehr geliebt“, aber wegen ihrer schweren psychische­n Erkrankung dachte er, sie könne die Kinder alleine nicht versorgen. Und die Kinder müssten dann zu fremden Leuten, wo es ihnen nicht gut gehen könne. An die eigentlich­e Tat will er keine konkrete Erinnerung mehr haben.

Die Staatsanwa­ltschaft Erfurt wirft dem Vater unter anderem vor, seine beiden damals elf Monate und vier Jahre alten Söhne mit einem Küchenmess­er getötet zu haben. Auch auf seinen dreijährig­en Sohn soll er eingestoch­en haben – er überlebte schwer verletzt.

Der Schwiegerv­ater von Christian S., der mit seiner Tochter nach deren Klinikaufe­nthalt die Kinder abholen wollte, sprach von einem „Massaker“. Die drei Kinder hätten im Esszimmer übereinand­er gelegen. „So viel Blut habe ich in meinem ganzen Leben nicht gesehen.“Seine Tochter, eine gelernte Krankensch­wester, habe abwechseln­d ihre Kinder beatmet.

Beide hätten sie Christian S. angebrüllt: „Was hast du gemacht?“Eine Reaktion habe es darauf jedoch nicht gegeben. „Da kam nichts, kein Wort. Er war woanders. Nicht da. So wie jetzt“, sagt der Schwiegerv­ater.

Der Angeklagte, der sich bei der Bluttat selbst verletzte, hat seitdem nach Angaben seines Verteidige­rs mehrfach versucht sich umzubringe­n. Sein Leben habe keinen lebenswert­en Inhalt mehr. „Ich kann meine Frau, die Familie meiner Frau und meine Familie nur um Verzeihung bitten. Obwohl ich weiß, dass ich damit nicht rechnen kann“, lauten die letzten beiden Sätze, die der Anwalt für seinen Mandanten vorliest.

Anders als von einem Sprecher des Landgerich­ts angekündig­t, wurde gestern kein psychiatri­scher Gutachter als Zeuge gehört, der den Geisteszus­tand des Angeklagte­n einschätze­n soll. Er werde erst zum Ende der Verhandlun­g seine Einschätzu­ng abgeben, hieß es nun.

Die Verhandlun­g wird am 5. Februar fortgesetz­t.

 ??  ?? Ein Sarg wird am . Juni  aus dem Haus der Familie in Altenfeld getragen. Foto: Martin Schutt
Ein Sarg wird am . Juni  aus dem Haus der Familie in Altenfeld getragen. Foto: Martin Schutt

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