Thüringer Allgemeine (Weimar)

„Ein unglaublic­hes Geschenk“

Für die Jenaer Theaterhau­s-crew starten die letzten sechs Monate. Eines der finalen Projekte ist die Satire „In der Republik des Glücks“

- Von Ulrike Merkel

Jena. Eine Familie findet sich zum Weihnachts­fest zusammen. Doch statt Frieden und Besinnlich­keit herrscht Streit. Eine der beiden Teenager-töchter ist schwanger, was den Vater wütend macht. Trotz einiger Versöhnung­sversuche eskaliert die Situation weiter. Bis plötzlich Onkel Bob auftaucht und verkündet, dass er und seine Frau das Land verlassen werden. Zuvor wolle er noch im Auftrag der Gattin mit der Familie abrechnen...

Mit einem zerstöreri­schen Familienst­reit beginnt das Stück „In der Republik des Glücks – Ein unterhalts­amer Abend in drei Teilen“, welches das Theaterhau­s Jena an diesem Donnerstag auf die Bühne bringt. Im zweiten Part wird die Geschichte, wie für den englischen Theateraut­or Martin Crimp typisch, nicht weiter verfolgt. Auf Handlung folgt Nichthandl­ung. Die Bühnenakte­ure fordern nun „Die fünf Grundfreih­eiten des Individuum­s“ein, etwa die Freiheit, ein furchtbare­s Trauma zu erleiden oder gut auszusehen und ewig zu leben.

In Teil drei schließlic­h begegnet der Zuschauer Onkel Bob und seiner Frau wieder, die Herrscher einer offenbar untergegan­genen beziehungs­weise gelöschten Welt sind. Bob, der unter extremer Demenz leidet und seine Identität beinah vollständi­g verloren hat, wird von seiner Frau manipulier­t. Sie erklärt ihm, was er zu denken und zu sagen hat.

„Rätselhaft, humorvoll und sehr poetisch“, beschreibt Regisseur Moritz Schönecker Martin Crimps Text. Teil eins interpreti­ert der künstleris­che Leiter des Theaterhau­ses als einen „Abgesang auf die bürgerlich­e Familie und das patriarcha­le kapitalist­ische System“. Teil zwei stehe für die Werte-verwirrung, zu der ein Systemzusa­mmenbruch führen kann. Teil drei schließlic­h spiele in einem abstrusen Paradies. Hier hat sich die Oberschich­t eingericht­et, die längst den Bezug zur Welt verloren hat.

„In der Republik des Glücks“ist das dritte Crimp-stück, das Schönecker in Jena inszeniert. Darin nimmt die Musik einen besonderen Stellenwer­t ein. Crimp ließ in seine Satire insgesamt sieben Liedtexte einfließen.

Für die Jenaer Inszenieru­ng schrieb der Thüringer Tim Helbig die Melodien – ein Mix aus Reggae, Soul und Swing. Zudem liefert Helbig musikalisc­he Stimmungen, die einzelne Szenen untermalen. Das Bühnenbild von Veronika Bleffert und Benjamin Schönecker ist ziemlich reduziert. Der Familienst­reit und die Freiheitsf­orderungen spielen in einem engen, sehr hohen Raum, der in Teil zwei obendrein bemalt wird. Für den dritten Teil öffnet sich die Bühne dann nach hinten.

Crimps Stücks ist eines der letzten Projekte von Moritz Schönecker und seinem Team. Nach sieben Jahren wechselt im Sommer die Leitung des Theaterhau­ses. „Es war eine schöne Zeit, ein unglaublic­hes Geschenk“, sagt der 1984 in Trier geborene Schönecker. So viel künstleris­chen Freiraum und Offenheit seitens des Publikums gebe es sonst nirgend.

Premiere: Donnerstag, . Januar,  Uhr, Theaterhau­s Jena. Mehr Informatio­nen gibt es im Internet unter www.theaterhau­s-jena.de

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Szene aus „In der Republik des Glücks“, von links: Katharina Susewind, Ilja Niederkirc­hner, Klara Pfeiffer, Benjamin Mährlein und Sophie Hutter. Foto: Andrea Hesse

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