„Notärzte für die Seele“helfen auch Rettern nach schlimmen Einsätzen
Psychosoziale und seelsorgerische Notfallversorgung. Einsatz-nachsorge-team für Rettungskräfte wird ausgebaut
Weimarer Land. Wenn ein schwerer Unfall passiert ist, sind nicht nur die Rettungsdienste vor Ort. Auch Notfallseelsorger werden rasch hinzugezogen. Wer aber kümmert sich um die Einsatzkräfte, denen die schrecklichen Bilder nicht aus dem Kopf gehen? Wer redet mit ihnen und zeigt Hilfen auf, wenn sie unter dem Erlebten zusammenzubrechen drohen?
Noch kaum bekannt ist, dass es auch für sie seit etwa einem Jahr eine psychosoziale Notfallversorgung gibt. Erst vor Kurzem hat Pfarrer Ullrich-matthias Spengler aus Bad Berka darüber vor Psychologen am Klinikum Weimar referiert.
Bislang selbst als Notfallseelsorger im Einsatz, hat er zunehmend koordinierende und organisatorische Aufgaben beim Aufbau eines stabilen Netzwerks für die psychosoziale und seelsorgerische Notfallversorgung bei Betroffenen (PSNV-B) wie bei Einsatzkräften (PSNVE) übernommen. „Wir sind dabei, uns zu vernetzen.“
Aufgebaut wurde ein Bereitschaftsdienst, der sieben Tage jeweils 24 Stunden aktiv ist. „Das entwickelt sich hervorragend“, sagt Spengler. Sowohl an der Landesfeuerwehrschule in Bad Köstritz werden Feuerwehrleute entsprechend informiert, als auch Wehrleiter und Mitarbeiter der Leitstellen. Spengler weiß von Planungen, die Aufgaben in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales zu zentralisieren.
Die Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte und jene für Betroffene haben jeweils eigene Teams. 45 Engagierte zählt das Einsatz-nachsorgeteam. Es ist strukturell ins Rettungssystem eingebunden und bietet Unterstützung beim Umgang mit Belastungsfolgen nach extremen Einsätzen.
Dreizehn Notfallseelsorger für Betroffene gibt es in Weimar, weitere sechs im Weimarer Land. Sie sind wie „Notärzte für die Seele“, weiß Spengler. Die Psychosoziale Notfallversorgung beherzigt die Schritte der „Safer“-methode: Stabilisieren, akzeptieren, Fehleinschätzungen korrigieren, erklären und rückführen“. Über weitere Helfer würde er sich freuen: „Wir haben ständig Bedarf.“
Alle arbeiten ehrenamtlich und sind zum Teil beruflich stark eingebunden. Als Pfarrer, Lehrer, Stadtplaner, Medizinpädagoge. Mitbringen müssen sie die Fähigkeit, zuzuhören. Im PSNV-E dagegen sind psychosoziale Fachkräfte aktiv. Hinzu kommen sogenannte Peers, erfahrene Einsatzkräfte aus Feuerwehrund Rettungsdienst mit Zusatzausbildung. „Die Teams haben gut zu tun“, sagt Spengler. 21 Mal wurden Notfallseelsorger in Weimar und Ortsteilen im Vorjahr angefordert, ähnlich oft jene im Landkreis. Das sei eine Steigerung um ein Drittel, vergleicht Spengler mit 2016 und gibt dafür zwei Gründe an: „Zum einen arbeiten die Teams immer verlässlicher, zum anderen werden wir bekannter.“
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www.psnv-thueringen.de