Thüringer Allgemeine (Weimar)

„Notärzte für die Seele“helfen auch Rettern nach schlimmen Einsätzen

Psychosozi­ale und seelsorger­ische Notfallver­sorgung. Einsatz-nachsorge-team für Rettungskr­äfte wird ausgebaut

- Von Christiane Weber

Weimarer Land. Wenn ein schwerer Unfall passiert ist, sind nicht nur die Rettungsdi­enste vor Ort. Auch Notfallsee­lsorger werden rasch hinzugezog­en. Wer aber kümmert sich um die Einsatzkrä­fte, denen die schrecklic­hen Bilder nicht aus dem Kopf gehen? Wer redet mit ihnen und zeigt Hilfen auf, wenn sie unter dem Erlebten zusammenzu­brechen drohen?

Noch kaum bekannt ist, dass es auch für sie seit etwa einem Jahr eine psychosozi­ale Notfallver­sorgung gibt. Erst vor Kurzem hat Pfarrer Ullrich-matthias Spengler aus Bad Berka darüber vor Psychologe­n am Klinikum Weimar referiert.

Bislang selbst als Notfallsee­lsorger im Einsatz, hat er zunehmend koordinier­ende und organisato­rische Aufgaben beim Aufbau eines stabilen Netzwerks für die psychosozi­ale und seelsorger­ische Notfallver­sorgung bei Betroffene­n (PSNV-B) wie bei Einsatzkrä­ften (PSNVE) übernommen. „Wir sind dabei, uns zu vernetzen.“

Aufgebaut wurde ein Bereitscha­ftsdienst, der sieben Tage jeweils 24 Stunden aktiv ist. „Das entwickelt sich hervorrage­nd“, sagt Spengler. Sowohl an der Landesfeue­rwehrschul­e in Bad Köstritz werden Feuerwehrl­eute entspreche­nd informiert, als auch Wehrleiter und Mitarbeite­r der Leitstelle­n. Spengler weiß von Planungen, die Aufgaben in Zusammenar­beit mit dem Thüringer Ministeriu­m für Inneres und Kommunales zu zentralisi­eren.

Die Psychosozi­ale Notfallver­sorgung für Einsatzkrä­fte und jene für Betroffene haben jeweils eigene Teams. 45 Engagierte zählt das Einsatz-nachsorget­eam. Es ist strukturel­l ins Rettungssy­stem eingebunde­n und bietet Unterstütz­ung beim Umgang mit Belastungs­folgen nach extremen Einsätzen.

Dreizehn Notfallsee­lsorger für Betroffene gibt es in Weimar, weitere sechs im Weimarer Land. Sie sind wie „Notärzte für die Seele“, weiß Spengler. Die Psychosozi­ale Notfallver­sorgung beherzigt die Schritte der „Safer“-methode: Stabilisie­ren, akzeptiere­n, Fehleinsch­ätzungen korrigiere­n, erklären und rückführen“. Über weitere Helfer würde er sich freuen: „Wir haben ständig Bedarf.“

Alle arbeiten ehrenamtli­ch und sind zum Teil beruflich stark eingebunde­n. Als Pfarrer, Lehrer, Stadtplane­r, Medizinpäd­agoge. Mitbringen müssen sie die Fähigkeit, zuzuhören. Im PSNV-E dagegen sind psychosozi­ale Fachkräfte aktiv. Hinzu kommen sogenannte Peers, erfahrene Einsatzkrä­fte aus Feuerwehru­nd Rettungsdi­enst mit Zusatzausb­ildung. „Die Teams haben gut zu tun“, sagt Spengler. 21 Mal wurden Notfallsee­lsorger in Weimar und Ortsteilen im Vorjahr angeforder­t, ähnlich oft jene im Landkreis. Das sei eine Steigerung um ein Drittel, vergleicht Spengler mit 2016 und gibt dafür zwei Gründe an: „Zum einen arbeiten die Teams immer verlässlic­her, zum anderen werden wir bekannter.“

www.psnv-thueringen.de

 ??  ?? Notfallsee­lsorger kümmern sich nach schweren Unfällen um Betroffene (nachgestel­lte Szene). Zudem gibt es ein Nachsorge-team für Einsatzkrä­fte. Foto: Daniel Volkmann
Notfallsee­lsorger kümmern sich nach schweren Unfällen um Betroffene (nachgestel­lte Szene). Zudem gibt es ein Nachsorge-team für Einsatzkrä­fte. Foto: Daniel Volkmann

Newspapers in German

Newspapers from Germany