Thüringer Allgemeine (Weimar)

Trotz Hinweisen verzichtet Thüringen auf Dopingermi­ttlungen

Münchner Schwerpunk­tstaatsanw­altschaft reagiert auf Fernsehbei­trag. Ortsnamen wie Oberhof und Luisenthal erregen hierzuland­e dagegen kein Interesse

- Von Kai Mudra

München. Vergangene­n Mittwoch rückten Zollfahnde­r in einer Erfurter Arztpraxis an. Sie durchsucht­en Räume und weitere Objekte. Mit der Razzia wird ein Doping-skandal publik, dessen Ausmaß nicht absehbar ist.

Es waren keine Thüringer Ermittler, die sich in der verdächtig­en Arztpraxis umschauten. Die Zollbeamte­n kamen aus Bayern. Denn in der Sache ermitteln Zollfahnde­r aus Nürnberg und Lindau am Bodensee. Federführe­nd ist die Staatsanwa­ltschaft München I. Dort beschäftig­t sich eine Schwerpunk­tabteilung mit dem Thema Doping.

Und die Münchner Staatsanwä­lte hatte am 17. Januar genau hingehört. In der ARD erzählte der österreich­ische Skilangläu­fer Johannes Dürr über sein Blutdoping. Er nennt München und die Raststätte Irschenber­g als mögliche Dopingorte. Das reicht der Schwerpunk­tstaatsanw­altschaft, Ermittlung­en gegen unbekannt einzuleite­n, bestätigt Behördensp­recherin Anne Leiding der Thüringer Allgemeine­n. Die Münchner sprechen kurz darauf mit Johannes Dürr und erfahren offenbar weitere Details. Die Ankläger haben nun konkrete Spuren.

Doch Johannes Dürr erzählt in dem Ard-beitrag auch über Oberhof und davon, dass dort Blutdoping nicht möglich war, weil er nicht allein auf seinem Hotelzimme­r wohnte. Der Beitrag zeigt das Ortsschild von Luisenthal, einer Gemeinde im Kreis Gotha, die nur wenige Kilometer von Oberhof entfernt liegt. Offenbar bekam der Sportler dort sein zuvor manipulier­tes Blut vor einem Wettkampf wieder zurück gespritzt.

Im Gegensatz zu den Münchner Staatsanwä­lten sehen Thüringer Ankläger keinen Anlass für Ermittlung­en, beispielsw­eise um den Sportler intensiver zu vernehmen. Das ergaben Nachfragen der Thüringer Allgemeine­n bei der Staatsanwa­ltschaft in Meiningen.

Die Münchner Schwerpunk­tstaatsanw­altschaft treibt da- gegen sechs Wochen lang ihr Verfahren voran. Um dem Verdacht des Blutdoping­s nachzugehe­n, werden auch „operative Maßnahmen“, eingeleite­t, bestätigt Anne Leiding.

Denkbar sind unter anderem das Mithören bei Telefonges­prächen bis hin zum Mitlesen von Textnachri­chten. Die Ermittler sammeln so viel Informatio­nen, bis die Faktenlage für Durchsuchu­ngsbeschlü­sse ausreicht.

Zudem stimmen die Münchner ihr Vorgehen eng mit den österreich­ischen Behörden ab. Am 27. Februar starten Durchsuchu­ngen sowohl in Erfurt als auch im österreich­ischen Seefeld, am Rande der nordischen Ski-weltmeiste­rschaft.

Mit Erfolg, vier deutsche Beschuldig­te, die im Verdacht ste- hen, gegen das Arzneimitt­elgesetz verstoßen zu haben, werden festgenomm­en: der Arzt Mark Schmidt und ein mutmaßlich­er Helfer in Erfurt, ein Verwandter des Mediziners sowie eine mutmaßlich­e Helferin bei der SkiWM. Zudem gehen an diesem Tag den österreich­ischen Fahndern fünf Sportler ins Netz.

Deutsche Athleten befinden sich bisher nicht unter den Beschuldig­ten. Allerdings steht die Auswertung der etwa 40 Blutbeutel noch aus, die in Erfurt sichergest­ellt wurden. Die Ermittler setzen derzeit alles daran, Namen zu erfahren.

Seit dem Bekanntwer­den des Doping-skandals sollen in München bei den Ermittlern immer neue Hinweise auf weitere Manipulati­onen eingehen.

Ermittler erhalten immer wieder neue Hinweise

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FOTO: SASCHA FROMM Der Erfurter Sportmediz­iner Mark Schmidt (links).

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