Thüringer Allgemeine (Weimar)

Viele Häuser mit Asbest belastet

Noch immer fallen in Thüringen Jahr für Jahr Tausende Tonnen des krebserreg­enden Baumülls an

- Von Stefan Hantzschma­nn

Erfurt. Mehr als 26 Jahre nach dem Verbot von Asbest fallen in Thüringen jährlich noch etwa 16.000 Tonnen asbesthalt­iger Müll an. Das Umweltmini­sterium geht davon aus, dass auch in den nächsten Jahren Abfall mit dem gefährlich­en Stoff in dieser Größenordn­ung entsorgt werden muss, wie die Behörde auf Anfrage mitteilte.

Auch das Umweltbund­esamt in Dessau-roßlau sieht noch lange kein Ende der Entsorgung­swelle des krebserreg­enden Stoffs. „Bei schwach gebundenem Asbest ist die große Sanierungs­welle vorbei, beim festgebund­enen Asbest sind wir mittendrin“, sagte Heinz-jörn Moriske, Leiter der Beratungss­telle Umwelthygi­ene im Umweltbund­esamt (UBA).

Schwach gebundener Asbest, der beispielsw­eise als Spritzasbe­st zum Auskleiden von Klimaund Versorgung­sschächten verwendet wurde, sei gefährlich­er als die festgebund­ene Variante des Stoffs, die zum Beispiel in vielen Welldachpl­atten steckt. Laut Moriske findet sich der vor allem in den 60er- bis Ende der 80er-jahre beliebte Baustoff deutschlan­dweit noch heute in Millionen von Häusern oder auf Dächern von Garagen und Gartenlaub­en. Asbest wurde im Jahr 1993 verboten, weil Asbeststau­b in der Lunge unter anderem Krebs verursache­n kann.

Im Jahr 2017 wurden allein in Thüringen rund 27.000 Tonnen Asbest entsorgt. Davon kamen 6700 Tonnen aus anderen Bundesländ­ern und rund 5000 Tonnen aus dem Ausland. Zahlen für 2018 liegen laut Ministeriu­m noch nicht vor. In Thüringen gibt es insgesamt sieben Deponien, die Asbest entsorgen dürfen. Sechs davon sind in kommunaler Hand. Die Asbestmono­deponie in Caschwitz, im Norden des Landkreise­s Greiz, wird privat betrieben. Dorthin gingen laut Thüringer Umwelt- ministeriu­m auch sämtliche asbesthalt­igen Stoffe, die aus dem Ausland nach Thüringen gebracht wurden.

In den vergangene­n zehn Jahren stieg die Menge asbesthalt­iger Abfälle, die auf den Deponien landeten, deutlich. Im Jahr 2008 wurden nur 13.500 Tonnen Asbest entsorgt, bis zum Jahr 2017 verdoppelt­e sich diese Zahl. Laut Umweltmini­sterium werden Asbest-abfälle in einer Verpackung deponiert, die keine Luft durchlässt. Wer asbesthalt­iges Material zur Deponie bringt, muss demnach mit Kosten zwischen 50 bis 150 Euro pro Tonne für die Entsorgung rechnen.

Kritisch sei laut Moriske die Demontage von asbesthalt­igen Baustoffen, da gerade beim Bohren, Sägen oder Abbrechen Staub entstehen kann. „Wenn Sie etwa ein Dach erneuern, dür-

fen Sie die Platten vorsichtig abschraube­n, sorgsam abnehmen und verpackt zur Abnahmeste­lle bringen“, sagte Moriske. Allerdings müssten bei der Demontage Auflagen beachtet werden. So Das Material wird zunächst bergbaulic­h in Untertage- oder Übertagemi­nen abgebaut und gefördert, dann aufgearbei­tet.

Erstmals erwähnt wurde Asbest im dritten Jahrhunder­t vor Christus in einem Buch über Steine von Theophrast. In Athen wurde die ewige Flamme auf der Akropolis zu dieser Zeit mit einem Docht aus Asbest betrieben.

dürfe das Material nicht offen transporti­ert werden. „Sie dürfen die Platten auch nicht mit der Brechstang­e herausbrec­hen“, sagte Moriske.

Gerade bei größeren Flächen sei es angebracht, das AsbestMate­rial fachmännis­ch entfernen zu lassen. Generell gebe es aber keine Verpflicht­ung, Platten mit festgebund­enem Asbest zu entfernen. „Zum Problem werden Asbestplat­ten, wenn sie stark verwittern oder zerbröseln“, sagte Moriske.

Bisher fehle es noch an Regeln für asbesthalt­ige Spachtelma­ssen und Putze. „An der Wand ist asbesthalt­iger Putz kein Risiko. Aber was passiert, wenn ich ein Loch bohre oder als Elektriker einen Schacht fräse?“Mit diesen Fragen beschäftig­t sich derzeit auch der nationale AsbestDial­og, der an Leitlinien zum Umgang mit den Altlasten arbeitet. Beteiligt sind unter anderem das Umweltbund­esamt, die Bundesanst­alt für Arbeitssch­utz und Arbeitsmed­izin sowie das Bundesinst­itut für Bau-, Stadt- und Raumforsch­ung. (dpa)

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FOTO: BERND WÜSTNECK/DPA Auf einem Sammelplat­z, wo belasteter Schutt lagert, warnt ein Schild vor dem gefährlich­en Material.

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