Männer machen noch zu wenig
Neue Studien zeigen, dass bei Paaren die Arbeit im Haushalt nicht gleich verteilt ist
Berlin. Claudia und Tom Lange gelten als modernes Paar: Sie arbeiten beide daheim, im sogenannten Homeoffice. Sie ist Architektin, er ist It-berater, und beide verdienen ungefähr gleich viel Geld. Sie haben einen siebenjährigen Sohn, der vormittags in der Grundschule ist und viele Nachmittage mit Musikunterricht und im Schwimmverein verbringt. „Diejenige, die ihn dahin fährt und Ansprechpartnerin für alle ist, das bin ich“, sagt Claudia Lange. Die Schule rufe bei ihr an, wenn der Sohn krank ist und abgeholt werden muss. Großeltern und Freunde wenden sich an sie, wenn Termine verabredet werden. Das Mittagessen kocht in der Regel auch sie. „Ich habe das lange nicht hinterfragt – mittlerweile versuchen wir, uns das besser aufzuteilen“, erzählt die 37Jährige.
„Nicht nur unter der Woche ist die Aufteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung zwischen Männern und Frauen ungleich.“
Claire Samtleben, Diw-forscherin doppelt belastet sind.
Damit hilft flexibles Arbeiten zwar bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, es kann zugleich aber auch die klassische Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern festigen oder sogar verstärken. Das Fazit der Arbeitszeitforscherin Yvonne Lott, die Ergebnisse des Sozio-ökonomischen Panels auswertete, ist eindeutig: „Einen Freizeitgewinn mit flexiblen Arbeitsarrangements gibt es weder für Mütter noch für Väter.“Bedeutet: Zusätzliche Erholungszeit, etwa für mehr Schlaf, Freizeit oder Sport, haben Beschäftigte mit Kindern im Haushalt durch flexible Arbeitszeiten nicht. „Auch für das Homeoffice müssen feste Regeln gelten: Klare Absprachen mit den Vorgesetzten sind wichtig, etwa in den Bereichen: Wie lange darf ich offline sein, wie lange geht der Arbeitstag? Und es muss klar sein, dass zu Hause arbeiten kein Privileg ist, das man sich mit noch mehr Arbeit erkaufen muss“, betont Lott.haben Frauen dann doppelt verloren, weil sie Überstunden machen und sich zusätzlich mehr um die Kin- der kümmern? „Ja“, sagt die Forscherin. Dazu komme: „Frauen müssen generell mehr Erwartungen erfüllen: Sie sollen einen top Job machen, beruflich alles geben, aber gleichzeitig auch die Familie priorisieren und ihrer Mutterrolle voll nachkommen. Das sind sehr widersprüchliche Anforderungen. Sie können es nie allen recht machen.“
Die Lösung sieht Lott etwa in mehr Partnermonaten beim Elterngeld, die von zwei auf sechs erhöht werden könnten. Und auch in der Abschaffung des Ehegattensplittings bei der Steuer, da dieses Ungerechtigkeiten verfestige. Auch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die unserer Redaktion exklusiv vorliegt, beschäftigt sich vor dem Frauentag mit der Rolle der Frau in der Familie und untersucht den sogenannten Gender Care Gap, also die Frage, wer sich in Paarbezie- hungen eigentlich um Hausarbeit und Kinder kümmert. Auch die Daten dieser Untersuchung beziehen sich auf das Sozio-ökonomische Panel.
Das Ergebnis ist ebenfalls eindeutig: Frauen in Paarhaushalten verbringen deutlich mehr Zeit mit unbezahlter Hausarbeit und Kinderbetreuung als Männer. Dafür sind Männer mehr Stunden erwerbstätig. Doch auch an Sonntagen leisten Frauen deutlich mehr unbezahlte Arbeit. „Nicht nur unter der Woche ist die Aufteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung zwischen Männern und Frauen ungleich. Werktags wird diese Ungleichverteilung häufig mit Unterschieden im Erwerbsumfang begründet, an Sonntagen ist dieses Argument wenig überzeugend“, sagt die Autorin Claire Samtleben. Zusammengefasst: Das Gesamtvolumen von bezahlter und unbezahlter Arbeit an Wochentagen ist bei Männern und Frauen mit circa elf Stunden in etwa gleich, wobei Frauen mehr unbezahlte und Männer mehr bezahlte Arbeit leisten. An (erwerbsfreien) Sonntagen leisten Frauen durchschnittlich 1,5 Stunden mehr unbezahlte Arbeit als Männer.
Ein weiteres Ergebnis: Frauen übernehmen vorwiegend Arbeiten im Haushalt, die häufig und regelmäßig anfallen (Wäsche, Abholen der Kinder, Besorgungen), Männer erledigen eher seltener und unregelmäßig auftretende Arbeiten wie Rasen mähen oder Bohren. In Paarhaushalten ohne Kinder verbringen Frauen wochentags doppelt so viel Zeit mit Kochen, Putzen und Wäschewaschen wie ihre männlichen Partner. Bei Paaren, deren jüngstes Kind bis zu sechs Jahre alt ist, bringen Frauen sogar dreimal so viel Zeit für diese Tätigkeiten auf (zwei Stunden und 23 Minuten versus 47 Minuten). Paare, deren jüngstes Kind zwischen sieben und 18 Jahre alt ist, liegen dazwischen. „Es ist eine schöne Geste, den internationalen Frauentag als Feiertag einzuführen. Letztlich ist es aber nichts anderes als Symbolpolitik, die nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass weiterhin enorme Geschlechterungleichheiten bestehen“, sagt Samtleben.
Frauen leisten mehr Hausarbeit