Thüringer Allgemeine (Weimar)

Dutzende Tote nach Tornado

Eine Serie von Wirbelstür­men hat im Südosten der USA große Zerstörung­en angerichte­t

- Von Dirk Hautkapp

Washington. Als David Mcbride am Freitag mit seiner Band auf die Bühne des Buck Wild Saloon in Smiths Station trat, konnte er nicht ahnen, dass es das letzte Konzert in seinem eigenen Haus sein würde. Am Sonntag fegte ein Tornado mit Windgeschw­indigkeite­n von über 220 Kilometern pro Stunde durch die Kleinstadt im Südosten Alabamas. Danach sah die Bar des Us-südstaatle­rs aus wie eine Apfelsinen­kiste, auf die sich ein Riese gesetzt hat.

Mcbride (Bühnenname: Lucky) hatte sprichwört­liches Glück. Als um ihn herum Wände einstürzte­n, als wären sie aus Pappe, und Dächer wie Joghurtdec­kel abgerissen wurden, saß der singende Kneipier in seinem tonnenschw­eren Pick-up-truck, der den Naturgewal­ten bis auf ein paar Beulen widerstand. Mcbride beschrieb den Sound des Wirbelstur­ms „wie einen heranrasen­den Zug“. Andere erinnerte des Geräusch an einen „tosenden Wasserfall“.

Mindestens 23 Menschen, darunter auch Kinder, wurden dabei getötet. „Die Zahl“, sagte der zuständige Sheriff des Landkreise­s Lee County, Jay Jones, „ist noch vorläufig.“Aber schon jetzt stehe fest, dass die Stürme, die neben Alabama auch in Georgia und Florida Unheil anrichtete­n, in Amerika die tödlichste­n seit sechs Jahren waren.

Im Mai 2013 wütete ein Tornado der höchsten Kategorie auf der erweiterte­n Fujita-skala (EF5) mit Windgeschw­indigkeite­n von 320 Stundenkil­ometern durch Moore im Bundesstaa­t Oklahoma. 24 Menschen kamen damals um, fast 400 wurden verletzt. Der Wirbelstur­m, der entsteht, wenn warme Luftmassen aus dem Golf von Mexiko mit Kaltluft aus Kanada kollidiere­n, zerstörte 2400 Häuser, machte 10.000 Menschen obdachlos und hinterließ Schäden von zwei Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2018 kamen in den Vereinigte­n Staaten 18 Menschen durch Tornados ums Leben. Was sich jetzt in Alabama abspielte, auf einer geraden Linie, die 100 Kilometer östlich der Hauptstadt Montgomery beginnt und im Nachbarsta­at Georgia endet, hatte nach Anga- ben des Nationalen Wetterdien­stes die Stärke EF3 (Winde bis 266 Kilometer pro Stunde).

Am stärksten betroffen ist die Stadt Beauregard. Nachdem sich die schwarzen Rüssel aus wirbelnden Luftströme­n dort auf einer Breite von bis zu 600 Metern auf den Boden gesenkt hatten, sah es aus wie nach einem Luftangrif­f. Wie ein Riesenstau­bsauger hatte sich der Twister übers Land geschoben und fast alles zerstört, was seinem Schlund im Weg stand. Am Highway 280 war ein 20 Meter hoher Mobilfunkm­ast wie ein Streichhol­z umgeknickt. Vor allem die in der sozial schwachen Gegend häufig anzutreffe­nden Trailer-parks mit ihren Leichtbau-mobilheime­n waren dem Sturm fast schutzlos ausgeliefe­rt. Jacky Hornaday reagierte rechtzeiti­g auf die frühen Warnungen der Meteorolog­en. Die junge Mutter aus der Nähe von Beauregard suchte gemeinsam mit drei Kindern, Decken und Spielzeug Zuflucht in ihrer Badewanne, berichtete­n Lokalrepor­ter. Alle überlebten.

Alabamas Gouverneur­in Kay Ivey (74) erklärte umgehend den nationalen Notstand. In der Hauptstadt twitterte Us-präsident Donald Trump seine Dosis Mitgefühl gen Süden: „An die großartige­n Menschen von Alabama und umliegende­n Gebieten: Bitte seid vorsichtig und bleibt in Sicherheit. An die Familien und Freunde der Opfer und an die Verletzten, Gott segne euch alle.“

Rettung in der Badewanne

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FOTO: DAVID GOLDMAN In der Stadt Beauregard (Alabama) blieb von diesem Haus nur das Fundament stehen (rechts) – einzig der Swimmingpo­ol ist noch intakt.
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FOTO: MIKE HASKEY Im Us-bundesstaa­t Alabama stürzte ein Mobilfunkm­ast auf eine Autobahn.

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