„Absoluter Tiefpunkt“
Im Lauinger-untersuchungsausschuss sorgt der von Rot-rot-grün durchgesetzte Zwischenbericht für Streit
Erfurt. Immerhin 466 Seiten zählt der Zwischenbericht des Untersuchungsausschusses 6/3 des Landtags. Er soll den „möglichen Amtsmissbrauch“durch Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) und andere Mitglieder der Linke-geführten Landesregierung aufklären.
Trotz des Umfangs ist das inhaltliche Ergebnis überschaubar – und erwartbar umstritten. Die oppositionelle CDU wirft RotRot-grün erneut vor, das Fehlverhalten Lauingers vertuschen zu wollen. Die Linke spricht hingegen davon, dass die Union „von der eigenen Unfähigkeit“ablenken wolle.
Schon der Umstand, dass es einen Zwischenbericht gibt, ist umkämpft. So wie im Ausschuss, der die Amtsführung des Datenschutzbeauftragten untersucht, sieht die Opposition in der von der rot-rot-grünen Aus- schussmehrheit beschlossenen Zwischenbilanz den Versuch, die Regierung im Wahljahr zu entlasten – und einen Abschlussbericht zu verhindern.
„Der Zwischenbericht bricht dort ab, wo es interessant und relevant wird“, sagte der CDU-ABgeordnete Volker Emde der TA. „Notwendig und richtig wäre es gewesen, die Beweiserhebung abzuschließen und dann den Gesamtkomplex zu werten.“
Bereits Ende Januar hatte Emde in einem Schreiben an Ausschusschef Knut Korschewsky (Linke) kritisiert, dass der wertende Abschlussteil des Berichts ohne Mitarbeit der Landtagsverwaltung entstand. Dazu heißt es in dem Brief, der TA vorliegt: „Es ist unbekannt, über welche berufliche Qualifikation und Erfahrung die den Vorsitzenden unterstützenden Mitarbeiter – oder bei seiner Autorenschaft er selbst – verfügt haben . . .“Korschewsky wies gestern zurück: „Mit der Diskreditierung von Kollegen und Mitarbeitern anderer Fraktionen wird eine neue ‚Qualität‘ des Umgangs sichtbar, die man guten Gewissens auch als absoluten Tiefpunkt bezeichnen kann“. Die grüne Abgeordnete Astrid Rothe-beinlich be- mängelte, dass es von der CDU „außer einem hämischen Brief“keine Stellungnahme gebe.
In dem Bericht, der ebenso TA vorliegt, wird viel Bekanntes referiert: Der Sohn Lauingers war 2016 am Ende der 10. Klasse wegen eines Schulbesuchs im Ausland von seinem Erfurter Gymnasium von der „Besonderen Leistungsfeststellung“(BLF) befreit worden. Sie ist vergleichbar dem Realschulabschluss und gesetzlich vorgeschrieben.
Als das Bildungsministerium von der regelwidrigen Ausnahme erfuhr, folgte die damalige Ministerin Birgit Klaubert (Linke) der Empfehlung ihrer Fachbeamten, dass der Ministersohn die BLF nachträglich ablegen müsse. Bis dahin sollte er nur vorläufig und ohne Zeugnis in die 11. Klasse vorrücken.
Doch nachdem Lauinger im Bildungsministerium mehrfach interveniert sowie mit Klaubert selbst und Staatskanzleichef Benjamin Hoff (Linke) gesprochen hatte, wurde der Sohn gegen den Widerstand der Ministerialbeamten ohne Auflagen versetzt. Als der Vorgang öffentlich wurde, stellte ihn Lauinger an mehreren Stellen falsch dar. Trotz nachträglicher Entschuldigung und Aussagen der beteiligten Minister im Parlament setzte die CDU den Ausschuss durch – der in gut zwei Jahren viele interessante Details aufdeckte, aber nicht zu größeren neuen Enthüllungen führte.
Allerdings nährten Aussagen und Dokumente in der Beweisaufnahme den Verdacht, dass Lauinger sogar auf die Formulierung im Zeugnis seines Sohnes Einfluss nahm und so eine bis zuletzt schwankende Bildungsministerin auf seine Linie brachte. Sie selbst aber bestritten beide diese Darstellungen. Im Bericht kommt die rot-rot-grüne Mehrheit zu dem Schluss, dass ihnen zu glauben sei.