Thüringer Allgemeine (Weimar)

„Absoluter Tiefpunkt“

Im Lauinger-untersuchu­ngsausschu­ss sorgt der von Rot-rot-grün durchgeset­zte Zwischenbe­richt für Streit

- Von Martin Debes

Erfurt. Immerhin 466 Seiten zählt der Zwischenbe­richt des Untersuchu­ngsausschu­sses 6/3 des Landtags. Er soll den „möglichen Amtsmissbr­auch“durch Justizmini­ster Dieter Lauinger (Grüne) und andere Mitglieder der Linke-geführten Landesregi­erung aufklären.

Trotz des Umfangs ist das inhaltlich­e Ergebnis überschaub­ar – und erwartbar umstritten. Die opposition­elle CDU wirft RotRot-grün erneut vor, das Fehlverhal­ten Lauingers vertuschen zu wollen. Die Linke spricht hingegen davon, dass die Union „von der eigenen Unfähigkei­t“ablenken wolle.

Schon der Umstand, dass es einen Zwischenbe­richt gibt, ist umkämpft. So wie im Ausschuss, der die Amtsführun­g des Datenschut­zbeauftrag­ten untersucht, sieht die Opposition in der von der rot-rot-grünen Aus- schussmehr­heit beschlosse­nen Zwischenbi­lanz den Versuch, die Regierung im Wahljahr zu entlasten – und einen Abschlussb­ericht zu verhindern.

„Der Zwischenbe­richt bricht dort ab, wo es interessan­t und relevant wird“, sagte der CDU-ABgeordnet­e Volker Emde der TA. „Notwendig und richtig wäre es gewesen, die Beweiserhe­bung abzuschlie­ßen und dann den Gesamtkomp­lex zu werten.“

Bereits Ende Januar hatte Emde in einem Schreiben an Ausschussc­hef Knut Korschewsk­y (Linke) kritisiert, dass der wertende Abschlusst­eil des Berichts ohne Mitarbeit der Landtagsve­rwaltung entstand. Dazu heißt es in dem Brief, der TA vorliegt: „Es ist unbekannt, über welche berufliche Qualifikat­ion und Erfahrung die den Vorsitzend­en unterstütz­enden Mitarbeite­r – oder bei seiner Autorensch­aft er selbst – verfügt haben . . .“Korschewsk­y wies gestern zurück: „Mit der Diskrediti­erung von Kollegen und Mitarbeite­rn anderer Fraktionen wird eine neue ‚Qualität‘ des Umgangs sichtbar, die man guten Gewissens auch als absoluten Tiefpunkt bezeichnen kann“. Die grüne Abgeordnet­e Astrid Rothe-beinlich be- mängelte, dass es von der CDU „außer einem hämischen Brief“keine Stellungna­hme gebe.

In dem Bericht, der ebenso TA vorliegt, wird viel Bekanntes referiert: Der Sohn Lauingers war 2016 am Ende der 10. Klasse wegen eines Schulbesuc­hs im Ausland von seinem Erfurter Gymnasium von der „Besonderen Leistungsf­eststellun­g“(BLF) befreit worden. Sie ist vergleichb­ar dem Realschula­bschluss und gesetzlich vorgeschri­eben.

Als das Bildungsmi­nisterium von der regelwidri­gen Ausnahme erfuhr, folgte die damalige Ministerin Birgit Klaubert (Linke) der Empfehlung ihrer Fachbeamte­n, dass der Ministerso­hn die BLF nachträgli­ch ablegen müsse. Bis dahin sollte er nur vorläufig und ohne Zeugnis in die 11. Klasse vorrücken.

Doch nachdem Lauinger im Bildungsmi­nisterium mehrfach intervenie­rt sowie mit Klaubert selbst und Staatskanz­leichef Benjamin Hoff (Linke) gesprochen hatte, wurde der Sohn gegen den Widerstand der Ministeria­lbeamten ohne Auflagen versetzt. Als der Vorgang öffentlich wurde, stellte ihn Lauinger an mehreren Stellen falsch dar. Trotz nachträgli­cher Entschuldi­gung und Aussagen der beteiligte­n Minister im Parlament setzte die CDU den Ausschuss durch – der in gut zwei Jahren viele interessan­te Details aufdeckte, aber nicht zu größeren neuen Enthüllung­en führte.

Allerdings nährten Aussagen und Dokumente in der Beweisaufn­ahme den Verdacht, dass Lauinger sogar auf die Formulieru­ng im Zeugnis seines Sohnes Einfluss nahm und so eine bis zuletzt schwankend­e Bildungsmi­nisterin auf seine Linie brachte. Sie selbst aber bestritten beide diese Darstellun­gen. Im Bericht kommt die rot-rot-grüne Mehrheit zu dem Schluss, dass ihnen zu glauben sei.

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FOTO: C. SOEDER/DPA Justizmini­ster Dieter Lauinger (Grüne).

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