Thüringer Allgemeine (Weimar)

Wut wegen Wucherzins­en

Die FDP und Verbrauche­rschützer kritisiere­n horrende Kosten bei Restschuld­versicheru­ngen

- Von Tim Braune

Berlin. In der Finanzwelt gibt es für Verbrauche­r unveränder­t absurd teure Geschäfte, von denen man annahm, sie seien spätestens seit der Bankenkris­e vor zehn Jahren von der Politik eingedämmt worden. Dazu zählen sogenannte Restschuld­versicheru­ngen. Wer sich zum Beispiel für den Kauf eines neuen Autos oder eines schicken Sofas das nötige Geld über einen Konsumente­nkredit besorgt. Die verlangten Zinsen erscheinen auf den ersten Blick erträglich. Doch die Berater von Finanzdien­stleistern wissen, was die Kundschaft um den Schlaf bringt: Wer zahlt den Kredit ab, wenn ich sterbe, meinen Job verliere oder dauerhaft krank bin? In diesen Fällen soll die Versicheru­ng einspringe­n. Für Banken ist das in Deutschlan­d ein Milliarden­markt – für die Kunden in Hunderttau­senden Fällen aber ein sinnloses und sehr teures Geschäft. Tatsächlic­h dürfte es weit mehr Verträge geben, weil auch Einzelvert­räge verkauft werden. „Für letztere liegen keine konkreten Zahlen vor“, räumt die Bankenaufs­icht Bafin ein. Auch „vielfältig­e Zusatzvers­icherungen“sowie Angebote ausländisc­her Banken werden überhaupt nicht erfasst. worden ist (und strenge Klauseln Auszahlung­en einschränk­en). Trotzdem werden 32 Prozent aller Konsum- und Kraftfahrz­eug-kredite mit einer Restschuld­versicheru­ng sehen.

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Wie teuer sind die Versicheru­ngen?

Schäffler sitzt für die FDP im Beirat „Marktwächt­er Finanzen“des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen. Dort sei in einer Sitzung kürzlich von einem Fall aus Sachsen berichtet worden. Ein Bürger habe einen Konsumente­nkredit in Höhe von 35.000 Euro (auf fünf Jahre) abgeschlos­sen, bei dem eine Restschuld­versicheru­ng mit einer Prämienhöh­e von 21.000 Euro verkauft wurde. Der Verbrauche­r muss also nicht 35.000 Euro, sondern sage und schreibe 56.000 Euro abstottern. Das ist kein Einzelfall. „Die Praxis des Verkaufs von Restschuld­versicheru­ngen ist ein wirkliches Ärgernis und grenzt an Sittenwidr­igkeit“, kritisiert­e Schäffler. Dorothea Mohn, Leiterin des Finanz- marktteams bei der Verbrauche­rzentrale Bund in Berlin, spricht von „Exzessen“, die sich einige Banken auf diesem Feld leisteten: „Restschuld­versicheru­ngen sind für die Banken wahre Gelddruckm­aschinen. Wir reden von einem überteuert­en Produkt, was sehr viele Verbrauche­r gar nicht brauchen.“Mit Provisione­n von teils 50 bis 90 Prozent peppten Banken ihre Zinskalkul­ation gewaltig auf – zu Lasten der Kunden.

Was sagt Finanzmini­ster Olaf Scholz zu den Wucherzins­en? Aktuell will sich das Ministeriu­m des Spd-vizekanzle­rs nicht äußern, wann und wie exorbitant hohen Provisione­n ein Riegel vorgeschob­en werden könnte. Immerhin ist das Thema auf dem Radar von Scholz’ Fachleuten: „Die Bundesregi­erung prüft derzeit, ob und in welchem Umfang eine Deckelung von Abschlussp­rovisionen auch bei Restschuld­versicheru­ngen in Betracht kommt.“

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FOTO: MICHELE TANTUSSI Finanzmini­ster Olaf Scholz wacht über die Banken.

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