Thüringer Allgemeine (Weimar)

Helios Erfurt startet umstritten­es privat finanziert­es Arztstudiu­m

Vier Studenten der maltesisch­en Hochschule Edu beginnen praktische Ausbildung. Ärztevertr­eter sind skeptisch

- Von Hanno Müller

Erfurt. Das Helios-klinikum in Erfurt macht Ernst mit der umstritten­en praktische­n Ausbildung im Rahmen privat finanziert­er Medizinstu­diengänge. Wie im Sommer 2018 angekündig­t, begannen die ersten Absolvente­n der privaten Hochschule Edu auf Malta im Februar ihre praktische Ausbildung. „Derzeit befinden sich vier Edu-studierend­e am Helios Erfurt“, sagt Klinikspre­cher Tino Netzel.

In welchen Fachbereic­hen die praktische Ausbildung erfolge, richte sich nach dem Curriculum, sprich den Modulinhal­ten des Studiengan­gs. „Für die Dauer des Studiums findet die Ausbildung dreimal jährlich in vierwöchig­en Praktika statt. Für den Bachelorst­udiengang (drei Jahre) bedeutet dies insgesamt neun Mal vier Wochen. Derzeit erhalten die Studierend­en bei uns Einblicke in den Fachbereic­h Anästhesie. Hier sind sie beobachten­de Lernende, übernehmen aber keine Aufgaben im kli- nischen Alltag“, sagt Sprecher Netzel. Ursprüngli­ch hieß es, während der Präsenzaus­bildung würden die Studierend­en in den Klinikallt­ag integriert – bei maximaler Patientenn­ähe.

Der dreijährig­e Studiengan­g zum Medizin-bachelor ist kostenpfli­chtig (s. Info-kasten). Mit dem Helios in Erfurt beteiligen sich bundesweit sieben Standorte des Klinikkonz­ernes an der praktische­n Ausbildung. Edu (European Digital University) steht für ein neues, Eu-zugelassen­es Online-studienmod­ell für Humanmediz­in. Der theoretisc­he- und Vorlesungs­teil erfolgt digital. Prüfungen sollen computerba­siert und direkt am Arbeitspla­tz im Klinikum stattfinde­n. Helios selbst sprach bei der Vorstellun­g des Vorhabens von der „aktuell bestmöglic­hen Ausbildung zum Arztberuf“.

Ärztevertr­eter und Kassen bewerten das Angebot unterschie­dlich. Die Präsidenti­n der Landesärzt­ekammer (LÄK), Ellen Lundershau­sen , warnte vor einem „Arzt light“und bezwei- felte die Vergleichb­arkeit der Ausbildung mit dem deutschen Staatsexam­en. Die EU setze hier andere Maßstäbe, Forderunge­n nach mehr Medizinstu­dienplätze­n ließen sich so nicht erfüllen. Wegen der hohen Studiengeb­ühren könnten sich vor allem Betuchte zum Medizinstu­dium einkaufen, so Ellen Lundershau­sen im Sommer.

Laut Guido Dressel, Landeschef der Techniker Krankenkas­se, zeigt die Kooperatio­n, welche Chancen Digitalisi­erung für das Gesundheit­swesen bietet. Die Qualität der Ausbildung müssten Fachexpert­en bewerten.

Die Edu-studenten sind nicht die Einzigen, die am Helios lernen. Als Lehrkranke­nhaus der Uniklinik Jena beteiligte man sich unter anderem an der theoretisc­hen und praktische­n Lehre im Rahmen des Jenaer Neigungsor­ientierten Studiums (Jenos) sowie bei der Organisati­on von Famulature­n und Praktika. Eine Trennung der verschiede­nen Ausbildung­smodelle hält man am Helios nicht für notwendig. „Durch Unterschie­de in den Lernzielen und im Vorwissen der Studierend­en ergeben sich verschiede­ne Herangehen­sweisen. Themen wie die Reanimatio­nstraining­s sind für alle Studierend­en gleicherma­ßen interessan­t und relevant“, sagt Sprecher Netzel. Unterschie­de ergäben sich aus verschiede­nen Zeiträume der Praktika.

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