Thüringer Allgemeine (Weimar)

„Das Theater um den Verfassung­sschutz muss aufhören“

Spd-landtagsfr­aktionsche­f Matthias Hey ermahnt den linken Koalitions­partner und stellt der CDU Bedingunge­n

- Von Martin Debes

Erfurt. Matthias Hey (49) ist der einzige Sozialdemo­krat, der direkt über die Stimmen in seinem Wahlkreis in den Landtag gewählt wurde. Auch deshalb führt er seit Herbst 2014 die Fraktion. Wir sprachen mit ihm über die Haushaltsv­erhandlung­en und das Wahljahr.

Herr Hey, man hat das Gefühl, Rot-rot-grün kann kurz vor der Wahl gar nicht genug Geld verplanen. Ist das nicht Wahlkampf auf Kosten des Steuerzahl­ers?

Überhaupt nicht. Indem wir einen Haushalt für 2020 verabschie­den, treffen wir Vorsorge für den wahrschein­lichen Fall einer langen Regierungs­bildung nach der Landtagswa­hl Ende Oktober. Wir schaffen Planungssi­cherheit für Kommunen, Vereine, Institutio­nen und Behörden . . .

. . . und planen dafür Rekordausg­aben.

In einer Situation, in der wir Rekordeinn­ahmen erzielen. Wir investiere­n und gestalten damit – in den Schulen, Kindergärt­en, den Kommunen. Doch diese Regierung und die Koalition tilgen erstmals in der neueren Thüringer Geschichte ernsthaft Schulden. Es werden bis zum Ende der Wahlperiod­e eine Milliarde Euro sein. Das ist Vorsorge.

Vorsorge? Sie plündern die Rücklagen. Sollte man nicht für die nächste Regierung noch was übrig lassen?

Erstens plündern wir nicht. Und zweitens, das hat ja die sozialdemo­kratische Finanzmini­sterin seit Langem angekündig­t, wird eine ordentlich­e Reserve aus den Überschüss­en des vergangene­n Jahres übrig bleiben. Ich gebe Ihnen aber insofern recht, dass so ein Haushalt vor der Wahl auch seine Verführung­en hat, das ist ja ganz normal. Deshalb müssen wir alle aufpassen, dass wir in der Parlaments­beratung nicht zu viele Extrawünsc­he zulassen. Das heißt?

Das heißt, dass manche Forderunge­n, die ich jetzt von manchen Abgeordnet­en zu hören bekomme, nicht realistisc­h sind.

Welche?

Das werden wir ebenso intern diskutiere­n.

Die SPD hat sich dazu bekannt, mit Linken und Grünen nach der Wahl weiter zu regie- ren? Haben Sie damit nicht jeden Verhandlun­gsdruck aufgegeben?

Wir gehen als eigenständ­ige Partei in den Wahlkampf, die nach der Wahl als eigenständ­ige Partei mit allen in Landtag befindlich­en Parteien, außer der AFD, reden wird.

Dabei gibt es von uns eine klare Präferenz, die Koalition mit Linke und Grünen weiter fortzusetz­en . . . . . . wenn es dafür reicht, wonach es Umfragen zufolge nicht aussieht.

Ja, aber es sind eben Umfragen, und sie ändern sich ständig. So oder so werden wir natürlich nicht ohne Vorbedingu­ngen in Gespräche gehen.

Aha. Die da wären?

Das werden wir dann gegebenenf­alls in den Sondierung­en zu besprechen haben. Aber ich ge- be Ihnen ein Beispiel: Meiner Meinung nach sollte die SPD keinen Koalitions­vertrag ohne ein klares Bekenntnis zum Landesamt für Verfassung­sschutz unterschre­iben. Dieses Bekenntnis macht dann übrigens auch nur Sinn, wenn sichergest­ellt wird, dass die Behörde personell und materiell ordentlich ausgestatt­et ist. Wir lassen das Amt nicht aushöhlen, auch nicht von lieb gewonnenen Koalitions­partnern. Das Theater um den Verfassung­sschutz muss endlich aufhören. Wir brauchen gute Leute für die Gefahrenab­wehr, ob sie nun von politische­n Extremiste­n, religiösen Fanatikern oder Internetkr­iminellen ausgeht.

Wenn wir schon bei Koalitione­n sind: Wenn es nicht für Rot-rot-grün reicht, was ist die Bedingung an die CDU? Ich gehe, das sagte ich ja bereits, von einer Fortsetzun­g des rotrot-grünen Bündnisses aus. Aber einmal ganz allgemein und grundsätzl­ich formuliert: Die SPD stand schon immer in Thüringen für Stabilität und Kontinuitä­t. Ob also nun kostenlose­r Kindergart­en, neuer Feiertag oder Mindestloh­n für öffentlich­e Aufträge: Nichts von dem, was wir in den vergangene­n vier Jahren auch gegen die Union durchgeset­zt haben, würde unter irgendeine­r Regierung mit sozialdemo­kratischer Beteiligun­g rückabgewi­ckelt.

Gilt das auch für das Paritätsge­setz, das ja auch in ihrer Partei umstritten sein soll?

Ja. Wir werden noch in dieser Wahlperiod­e das Wahlrecht ändern, damit spätestens 2024 der Thüringer Landtag mindestens zur Hälfte aus Frauen besteht. Wenn die CDU das für verfassung­swidrig hält, soll sie dagegen klagen. Das ist ihr gutes Recht. Die SPD wird sich jedenfalls, falls sie auch der nächsten Regierung angehören sollte, nicht an einer Rücknahme beteiligen, sondern respektvol­l auf ein mögliches Urteil durch die Verfassung­srichter warten.

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ARCHIV-FOTO: SASCHA FROMM Matthias Hey (SPD) führt die Spd-fraktion seit .

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