Thüringer Allgemeine (Weimar)

Flüchtling­shilfe: Die Mehrheit würde es wieder tun

Eine Umfrage versucht, die aktuellen Herausford­erungen ehrenamtli­chen Engagement­s für Integratio­n zu ergründen

- Von Elena Rauch

Erfurt. Der typische Ehrenamtle­r in der Flüchtling­shilfe ist weiblich, älter als 46 Jahre, berufstäti­g und wendet zwischen zwei und fünf Stunden in der Woche für sein Engagement auf. Dieses Bild ergibt sich aus einer Befragung unter ehrenamtli­chen Helfern, die von Thüringens Integratio­nsbeauftra­gter Mirjam Kruppa initiiert wurde. Die ersten Ergebnisse wurden gestern während einer Treffens von Ehrenamtli­chen vorgestell­t.

Als die Welle der Geflüchtet­en 2015 in Thüringen ankam, hätten viele Kommunen vor den Herausford­erungen kapitulier­t, wäre nicht das ehrenamtli­che Engagement gewesen. Bis zu 3000 Menschen, schätzt Mirjam Kruppa, waren in diesen ersten Monaten aktiv. Inzwischen ist ihre Arbeit stark aus der öffentlich­en Wahrnehmun­g verschwund­en, aber sie wird nach wie vor geleistet.

Wo steht sie heute, welche Probleme sehen die Helfer und wo mangelt es an Unterstütz­ung? Darauf erhoffte man sich in einer noch laufenden OnlineUmfr­age nähere Aufklärung.

Die Mehrheit der Teilnehmer sind seit 2015 in der Flüchtling­shilfe aktiv, allerdings haben sich die Aufgabenfe­lder etwas geändert. So haben spezifisch­e Hilfsangeb­ote zum Beispiel für Frauen zugenommen. Zurückgega­ngen sind Hilfen, die den Geflüchtet­en das Ankommen im fremden Alltag erleichter­ten: Von der Suche und Einrichtun­g einer Wohnung bis zur Arbeit in der Kleiderkam­mer. Deutlich zeigt sich der Übergang zur Normalität in den weniger gewordenen Hilfen beim Deutsch-unterricht, den profession­elle Anbieter übernommen haben.

Die Qualität dieser Sprachkurs­e wurde von einigen Helfern mit Kritik bedacht, sie forderten eine strengere Kontrolle. Das werde, kündigte Mirjam Kruppa an, auch passieren, da das für die Kurse zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (BAMF) personell aufgestock­t wurde.

Befragt nach den größten Herausford­erungen wurden am häufigsten bürokratis­che Barrieren und knappe Zeit genannt. Allerdings verwiesen viele Helfer auch auf eine ablehnende Haltung ihrer Umwelt gegenüber ihrem Engagement und Flüchtling­en und eine hohe emotionale Belastung. Vielen fällt es schwer, mit abgelehnte­n Asylanträg­en umzugehen oder mit vergeblich­en Versuchen, Familienmi­tglieder nachzuhole­n.

Nur ein kleiner Prozentsat­z der Befragten erklärten, in der Flüchtling­shilfe nicht mehr aktiv zu sein. Zeitmangel wurde als häufigster Grund genannt. Allerdings können sich gut zwei Drittel dieser Ehemaligen vorstellen, die Hilfe wieder aufzunehme­n. Für Mirjam Kruppa ein ermutigend­er Befund. Denn auch wenn profession­elle Strukturen viele Aufgaben übernommen haben: Ohne ehrenamtli­ches Engagement ist Integratio­n nicht zu leisten.

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ARCHIV-FOTO: SASCHA FROMM Auf dem Erfurter Messegelän­de trafen  Hunderte Flüchtling­e ein. Viele freiwillig­e Helfer packten damals mit an und unterstütz­ten die Registrier­ung.

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