Wenig königlich
Nationalspieler Toni Kroos blamierte sich mit Real Madrid in der Champions League. Spanier stehen vor großem Umbruch
Madrid. Fünf Minuten Nachspielzeit: als ob es die noch brauchte. Fünf endlose Minuten vor bereits leeren Rängen, denn natürlich mochte man nicht mehr hinschauen, wer es mit Real Madrid hielt. Die Fans hatten vor einer Woche gesehen, wie ihre Mannschaft aus dem nationalen Pokal gegen den FC Barcelona ausschied; am Samstag, wie sie die letzte Meisterschaftschance vergeigte. Nun erlebten sie, wie sie nicht mal den ewigen Europapokal-fetisch ihres Vereins einlöste. 1:4 gegen Ajax Amsterdam in der Champions League. Verteidiger Nacho holte sich aus Frust noch einen Platzverweis ab, dann war es vorbei, dann trotteten sie vom Platz. Langsam, unendlich müde.
„Ich habe noch nie so ein Gefühl von Unbehagen gehabt“, räumte Dani Carvajal ein, er kämpfte mit den Tränen, während die Presse erste Schlagzeilen von der „tragischen Woche“(„As“) und dem „Scheitern des Jahrhunderts“(„Marca“) verfasste. Nacho, ebenfalls RealEigengewächs, orakelte düster: „Wir sind nur Spieler, wir treffen keine Entscheidungen. Aber ich nehme an, dass das einen Wendepunkt für den Club markiert.“
Als die Fans noch da waren, hatten viele laut wie nie den Abgang von Präsident Florentino Pérez gefordert. Sie werfen ihm vor, dass er auch wegen persönlicher Animositäten den unersättlichen Superstar Cristiano Ronaldo verkaufte, ohne ihn zu ersetzen – während er über dem verbliebenen Team den Mantel der Selbstgefälligkeit ausbreitete. Einen Umbruch zu antizipieren ist schwierig und gelingt im Fußball fast nie. Aber die „Königlichen“ließ sich nicht mal wachrütteln, als man die Liga vorige Saison weit abgeschlagen hinter Barcelona beendete und Trainer Zinédine Zidane kurz nach dem dritten ChampionsLeague-titel in Serie hinwarf.
Jetzt sind die Baustellen überall. Bis halb zwei Uhr nachts tagten nach dem Spiel die ersten Krisenkabinette, denen noch viele folgen dürften. Während Pérez einen 575-Millionen- Euro-kredit für einen Luxusumbau des Stadions aufgenommen hat, fragt sich die Presse, ob er nicht mal lieber einen Sportdirektor anstellen sollte. Pérez hält das Amt für unnötig, nach jetzigem Stand wird also er einen Trainer für die nächste Saison anheuern (Rückkehr José Mourinho? Pochettino, Löw, Klopp, Allegri? Rückkehr Zidane?) und nach seinem Gusto im Kader ausmisten lassen. Gareth Bale, Marcelo und Isco gelten als ziemlich sichere Abgänge, aber es könnte auch Überraschungen geben. Die Presse führt neuerdings auch Toni Kroos auf ihren Streichlisten.
Der Deutsche, der das 0:1 mit einem Ballverlust einleitete, grüßte nach dem Spiel als einziger Real-profi die Fans und stellte sich als einer der wenigen den Reportern. „Total verdient“sei Real ausgeschieden, „wir waren in beiden Spielen die schlechtere Mannschaft“. Insgesamt hätten zu viele Topspieler in dieser Saison nicht immer ihr bestes Niveau erreicht, „ich nenne mich da zu allererst“. Kroos, seit 2014 im Club, räumte ein, „dass ich die letzten Saisons einen Tick stärker war“und resümierte seine Selbsteinzelkritik: „Ich sehe keine schlechte Saison, aber eine Durchschnittssaison“. Auch häufigere Verletzungen mochten damit zu tun haben, so der 29-Jährige, der für sich und die Mannschaft um Verständnis warb. „Es ist vielleicht nicht komplett unmenschlich, dass es nach drei Titeln am Stück auch mal ein schlechteres Jahr gibt“.
Man darf gespannt sein, was die Scherbengerichte der nächsten Wochen ergeben. Fürs erste geht es in den Partien gegen Valladolid, Vigo oder Huesca darum, nicht auch noch die Champions-league-teilnahme für nächste Saison zu verspielen. Das große Real muss sich jetzt erst mal wieder mit der Provinz rumschlagen.
Spielabbruch in 2. Liga
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Aue stellt Co-trainer frei
Aue. Die Vereinsführung des Fußball-zweitligisten FC Erzgebirge Aue hat den bisherigen CoTrainer Robin Lenk von seinen Aufgaben entbunden. Cheftrainer Daniel Meyer wird vorerst von Carsten Müller, dem Leiter des Nachwuchszentrums, unterstützt. (red)
Ehre für Eisenbichler
Berlin. Skispringer Markus Eisenbichler (Siegsdorf) ist von der Stiftung Deutsche Sporthilfe als „Sportler des Monats Februar“ausgezeichnet worden. Platz zwei bei der Wahl von rund 4000 Athleten belegte Kombinierer Eric Frenzel (Geyer). (sid)
Köln-boss hört auf
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