„Inklusionsklasse gescheitert“
Thüringer Lehrerverband sieht Bedingungen für gemeinsamen Unterricht bislang nicht gegeben
Erfurt. In Thüringen sollten die Förderschulen als Alternative zur Inklusion so lange bestehen bleiben, bis die Rahmenbedingungen für das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung stimmen. Diese Forderung hat der Thüringer Lehrerverband (tlv) zum zehnten Jahrestag der Ratifizierung der Un-behindertenrechtskonvention in Deutschland erneuert.
Der tlv reagiert damit auf die erschütternde Bilanz, die der sechsminütige Dokumentarfilm „Ich.du.inklusion“zieht: Für den Film wurden Kinder, Eltern und Lehrer einer Inklusionsklasse in Nordrhein-westfalen am Ende des vierten Schuljahres befragt. Dabei benannten sie mit klaren Worten die Missstände: zu wenig Personal und trotz des großen Engagements der Klas- senleiterin zu wenig Zeit für die individuellen Bedürfnisse der Schüler mit Förderbedarf. In der Folge mussten sieben Kinder die Klasse verlassen. „Die Kinder sehen die Inklusionsklasse als gescheitert an. Das geht unter die Haut“, sagt tlv-landesvorsitzender Rolf Busch. Nach Einschätzung des tlv bilden sowohl der Kurzfilm als auch die ihm vorausgegangene Langzeitdokumentation das ab, was auch in Thüringer Schulen an der Tagesordnung sei: „Die Kollegen gehen bis zur Belastungsgrenze und darüber hinaus, aber solange die Rahmenbedingungen nicht stimmen, kann das Vorhaben nicht gelingen.“Der tlv fordere daher, alle Schulen mit multiprofessionellen Teams auszustatten. Die geplante Novelle des Schulgesetzes werde in ihrer jetzigen Form den Ansprüchen an eine gelingende Inklusion „bei Weitem nicht gerecht“.