Ausbildung unter schwierigen Bedingungen
Nur langsam bessert sich der Zustand der Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule Bad Köstritz. Es fehlt weiterhin Personal und Bauprojekte stocken
Bad Köstritz. Pünktlich 7.35 Uhr, die Unterrichtsräume und Ausbildungsstätten haben sich gefüllt. Unterweisungen, Seminare, Vorlesungen oder praktischen Übungen beginnen. Wer bei der Thüringer Feuerwehr Verantwortung übernehmen möchte, sitzt irgendwann einmal hier im Osten des Landes. 1991 siedelte die Politik die Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule, nördlich von Gera an, in Bad Köstritz.
Auf der Liegenschaft wurde zu Ddr-zeiten Personal für den Zivilschutz ausgebildet und Material für den Ernstfall gelagert. Ein massiver Bunker mit dicken Stahltüren unter dem Lehr- und Unterkunftsgebäude zeugt noch heute von dieser Vergangenheit.
Seither hat sich auf dem Gelände einiges getan. Ein mehrstöckiges Betongebäude erlaubt das sichere Training der Feuerwehrleute mit echten Flammen.
Etwa 100 Meter entfernt auf einer Anhöhe können in einem weiteren Betonbau Führungskräfte Einsatztaktiken üben. Welche Entscheidungen sind wichtig, welche Anweisungen an die Kameraden? Werden weiter Kräfte benötigt? Alles Fragen, deren Antworten auch über Menschenleben mit entscheiden. Gleich mehrere Gruppen können getrennt voneinander in dem Gebäude mit zahlreichen Räumen und Treppenaufgängen trainieren.
Am 1. April beginnen zwei neue Ausbilder
Wie gefährlich Feuer ist, lassen die Ausbilder angehende Gruppen- oder Zugführer – an den Wochenende auch die Kameraden der freiwilligen Feuerwehren – im Brandcontainer spüren. Die Hitze im Inneren erreicht mehrere Hundert Grad, eine Situation, mit der Feuerwehrleute immer wieder konfrontiert sind. Um zu überleben, um ihre Einsätze unbeschadet zu überstehen, müssen sie wissen, wie die Flammen reagieren, wie gefährlich Rauchgas ist und was Qualm über den Brand verrät.
Sechs Tage pro Woche ist die Feuerwehrschule in Betrieb, erzählt Schulleiter Jörg Henze. An Wochentagen laufen die Lehrgänge. An den Samstagen trainieren die freiwilligen Feuerwehren zumeist in Eigenregie. Das klingt alles gut, wirkt durchdacht und effizient.
Trotzdem haben Schulleiter Henze und der Thüringer Feuerwehrverband vor zweieinhalb Jahren Alarm geschlagen – lautstark und für die Landespolitiker in Erfurt unüberhörbar. Jährlich hagelte es Hunderte Absagen für teils langfristig geplante Lehrgänge. Eine unhaltbare Situation, einige der Kameraden hatten dafür teilweise Monate zuvor Jahresurlaub beim Chef eingereicht, nur um sich für ihren freiwilligen Dienst bei den Feuerwehren zu qualifizieren.
Doch der Schule in Bad Köstritz fehlt Personal, um alle Lehr- gänge absichern zu können. Vor fünf Jahren erhielten rund 2000 Feuerwehrleute in 123 Lehrgänge eine Ausbildung. „Im Vorjahr waren es 133 Lehrgänge mit 2073 Teilnehmern“, betont der Schulleiter. Vor fünf Jahren fielen 21 Lehrgängen aus. Vor zwei Jahren waren es sogar 25, im Vorjahr noch immer 19. Die Zahlen zeigen nur eine leichte Verbesserung. Denn allein 2017 erhielten 916 Feuerwehrleute eine Lehrgangsabsage. Im Vorjahr waren es immer noch 748.
Für Jörg Henze ist das alles andere als befriedigend. Auch Innenminister Georg Maier (SPD) zeigte sich vor einigen Tagen beim Besuch der Schule wenig erfreut. Zwar hat das Finanzministerium auf sein Drängen sieben zusätzliche Stellen bewil- ligt. Doch noch weitere sieben Stellen – wie gefordert – wird es vorerst nicht geben. Die sieben sind zwar kleiner Fortschritt, aber sie reichen kaum aus.
„Kommenden Montag beginnen zwei neue Ausbilder ihre Arbeit“, erzählt Schulleiter Henze. Er hofft darauf, dass im Sommer ein dritter Experte anfangen wird. Das Anwerben von Ausbildern sei extrem schwierig, betonen Minister und Schulleiter.
Alle Landesfeuerwehrschulen bedienen sich auf dem kleinen Arbeitsmarkt für diese Experten. Da sei die Konkurrenz groß. Auch deshalb hat die Schule begonnen, fünf Lehrkräfte selber auszubilden.
Vier von ihnen könnten im April des nächsten Jahres ihre Arbeit beginnen. Ein fünfter Ex- perte beendet seine Ausbildung in zwei Jahren. Solange aber alle sieben Stellen für Lehrkräfte nicht besetzt sind, bewillige das Finanzministerium kein weiteres Personal für die Schule. Es ist ein Teufelskreis.
17,2 Millionen Euro Investitionsstau
Um die Zahl der Absagen zu verringern, werden dieses Jahr weniger Lehrgänge angeboten.
Dabei sind diese nur eines von mehreren Problemen. Denn fast jedes Wochenende rücken zumeist freiwillige Feuerwehren in Bad Köstritz an, um zu trainieren. Allein auf der Brandsimulations- sowie der Gefahrgut- übungsanlage waren das 2017 rund 630 Feuerwehrleute. Bedient wird der Brandsimulator vom Schulpersonal. Dabei fehlen bis heute die vor 20 Jahren zur Eröffnung von Erfurter Politikern versprochenen zwei Planstellen für das Bedienpersonal.
Insgesamt qualifiziert die Landesfeuerwehrschule alljährlich trotz aller Widrigkeiten 4000 bis 4500 Feuerwehrleute.
Seit Jahren schon beobachtet der Landesfeuerwehrverband die Ausbildungssituation genau. Trotz der abgesagten Lehrgänge sei die Lage bei den Feuerwehren noch nicht so dramatisch, dass Personal ausfalle, weil beispielsweise Zulassungen zum Bedienen der Technik wegen fehlender Lehrgänge auslaufen, so Landeschef Lars Oschmann.
Jörg Henze treiben aber nicht nur Personalsorgen um. Die Unterkünfte mit Gemeinschaftsduschen sind ebenso wenig ein Aushängeschild wie die bis heute fehlende Übungshalle. Beides ist seit Jahren Standard in allen anderen deutschen Feuerwehrschulen. Bisher gab es Hoffnung, dass der Bau der Übungshalle mit Garagenkomplex noch dieses Jahr beginnen könnte. Seit einigen Tagen scheint auch das wieder fraglich zu sein.
Investitionen in Höhe von 17,2 Millionen Euro stauen sich aktuell. Das sind 8,3 Millionen Euro für die Übungshalle sowie 2,7 Millionen Euro für den Straßenübungstunnel und die Atemschutzanlage und 6,2 Millionen Euro für die Eisenbahnübungsanlage im nahen Crossen.
Laut Bauministerium steht das Geld für die Übungshalle und den Straßentunnel bereit. Der Bau der Halle soll vom Bauministerium für dieses Jahr in Aussicht gestellt worden sein, heißt es in Bad Köstritz. Die Modernisierung der Straßentunnelübungsanlage und der Atemschutzanlage hat bereits 2016 begonnen, ruht derzeit aber wegen „technischer Probleme“. Beides entsteht im Ddr-bunker unter dem Lehr- und Unterkunftsgebäude.
Wann die dringend notwendige Rekonstruktion der Unterkünfte erfolgt, ist bis heute ungewiss. Trotzdem warten von Dienstag bis Freitag um 7.35 Uhr Dutzende Thüringer Feuerwehrleute in Bad Köstritz auf den Unterrichtsbeginn.