Thüringer Trio ohne Chance
Erfurt. Patrick Beckert lässt keinen Raum für Spekulationen zu: „Keine Sorge, ich bin es nicht“, sagt der Erfurter und bezieht damit Stellung zum jüngsten Bericht der Ard-dopingredaktion. Demnach soll ein Eisschnellläufer in den Dopingskandal um den Erfurter Sportmediziner Mark Schmidt verwickelt sein. „Weder kannte ich den Arzt noch hatte ich jemals Kontakt zu ihm“, versichert Beckert und gibt zu, nach den Veröffentlichungen am Sonntagabend „ziemlich geschockt“gewesen zu sein. Weil dieser Fall eine ganze Sportart in Verruf bringe und die sauberen Athleten unter Generalverdacht stelle.
Ähnlich äußerte sich der Chemnitzer Sprinter Nico Ihle: „Ich finde es sehr schade, dass der Eisschnelllauf mit so einem Thema wieder in die Presse gerät. Das ist für all die Athleten unfair, die sauber für ihre Leistung kämpfen.“Auch er betonte, weder den Arzt, das Verfahren noch den angeblich überführten Athleten zu kennen. Laut ARDRecherchen soll der Verdächtige Mitglied der deutschen Eisschnelllauf-nationalmannschaft gewesen und bei Olympischen Spielen gestartet sein.
Ein harter Schlag für die ohnehin kriselnde Sportart. Einst ein absoluter Medaillengarant auf internationaler Bühne ist das Eisschnelllaufen bis auf wenige Ausnahmen in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Für Top-resultate sorgten in der jüngeren Vergangenheit allenfalls Ihle und Beckert. Der 28-Jährige vom ESC Erfurt hofft nun, „dass so schnell wie möglich Ross und Reiter genannt werden“. Eine lückenlose und rasche Aufklärung sei wichtig, um die sauberen Athleten zu schützen.
Beckert fordert zudem, die Strafen für überführte Betrüger zu verschärfen: „Jemand, der nachweislich gedopt hat, verdient keine zweite Chance“, meint er und fragt: „Welches Signal sendet es denn aus, wenn jemand nach zwei Jahren wieder dabei sein darf?“Nur eine le- benslange Sperre würde eine abschreckende Wirkung erzielen. „Wenn ein klarer Nachweis vorliegt, muss einfach gelten: Raus für immer.“Der LangstreckenSpezialist und Wm-vierte über 10.000 Meter plädiert auch für das Streichen von Verjährungsfristen. Das Strafrecht sieht eine Verjährung von Selbstdoping nach fünf Jahren vor. Bei der sportrechtlichen Verjährung geht es bis zu zehn Jahren zurück. Die Deutsche EisschnelllaufGemeinschaft (DESG) hat sich „bestürzt und geschockt“über die Ard-enthüllungen gezeigt. Der Verband bot den verschiedenen Ermittlungsinstitutionen seine volle Unterstützung an. „Dem medial erhobenen Verdacht gegen eine/n deutschen Eisschnellläufer/eisschnellläuferin muss mit allen Mitteln nachgegangen werden“, hieß es in einer Mitteilung. Darin beton- te die DESG: „Nach unserem Wissensstand war kein Athlet/ -in unseres Verbandes mit dem beschuldigten Arzt in Kontakt.“Aktuell lägen keine weitere Details vor. Deshalb könne man zu diesem Zeitpunkt auch keine weitere Stellungnahme abgeben und müsse die Ermittlungsergebnisse abwarten.
Die Nationale Anti-dopingAgentur (Nada) erklärte gegenüber dem Sportinformationsdienst, dass sie eng mit der Münchner Staatsanwaltschaft kooperiere, aber zum derzeitigen Zeitpunkt „den im ARD-BEricht genannten Fall weder bestätigen noch dementieren“könne. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Kai Gräber wurden im Zuge der Untersuchungen bisher 21 Sportler aus acht europäischen Ländern ermittelt, die mutmaßlich Eigenblutdoping betrieben haben sollen. Sie kommen aus drei Wintersportarten, darunter Skilanglauf und Eisschnelllauf, sowie Radsport und Leichtathletik.
Bernd Neudert, Leiter des Olympiastützpunktes (OSP) Thüringen sagt dazu: „Die Tatsache, dass ein deutscher Sportler in die Praktiken des Dr. Schmidt involviert sein soll, würde einen großen Schaden für den deutschen Sport mit sich bringen“, erklärt er. „Das Fatale an der jetzigen Veröffentlichung ist, dass Sportler an den Pranger gestellt werden, die mit Doping überhaupt nichts zu tun haben. Dass sich beispielsweise ein Patrick Beckert jetzt rechtfertigen muss, ist schlimm.“
Auch Neudert fordert, dass die Anti-doping-agentur oder die Staatsanwaltschaft den Namen des verdächtigen Eisschnellläufers alsbald nennt, um weiteren Schaden von Sport und Personen zu nehmen. „Manche haben jetzt schon einen Makel, den sie nicht mehr loswerden. Dabei haben sie nichts Unrechtes getan.“
Marian Thoms, Geschäftsführer vom ESC Erfurt, sieht durch den „Fall Schmidt“insgesamt schlimme Auswirkungen bis hinein in den oftmals auch ehrenamtlich betriebenen Nachwuchssport, „weil sich natürlich auch Eltern besorgt zeigen“. Gevelsberg. Ohne Chancen blieben die drei Thüringer Mannschaften 1. SC 1911 Heiligenstadt (A-junioren), JFC Gera (B) und FC Carl Zeiss Jena (C), die sich als Nofv-hallenmeister für die deutsche Futsal-meisterschaft in Gevelsberg im Ruhrgebiet qualifiziert hatten. Für alle drei Teams war nach der Vorrunde Schluss, nur Jena konnte in der Gruppenphase einen Sieg für sich verbuchen. (red)
OSP-CHEF beklagt: Unschuldige am Pranger