Thüringer Allgemeine (Weimar)

Formel 1 plant radikalen Kurswechse­l

Regelwächt­er und Vermarkter wollen der Rennserie einen neuen Rahmen geben. Das Ziel: günstiger, spannender, einfacher – und umweltbewu­sst

- Von Christian Hollmann

Berlin. Der Machtkampf um die Zukunft der Formel 1 biegt in die entscheide­nden Runden ein. Am Dienstag treffen sich in London die Schwergewi­chte des Renngeschä­fts, beschlosse­n werden soll kaum weniger als eine Revolution für das schnelle Gewerbe. Auch weil sich die Formel 1 mehr denn je für die teure Raserei rechtferti­gen muss, ringen Regelwächt­er, Vermarkter und Teams um die Grundlagen für einen Fortbestan­d des Ps-spektakels.

Jean Todt, der Präsident des Weltverban­ds FIA, kündigte bereits reichlich Bewegung an: „Die Budget-obergrenze kommt, ein neues Fahrzeugre­glement kommt, ein neues Motorregle­ment kommt, wir werden eine andere Geldvertei­lung haben.“

Gelten soll der neue Rahmen für die Königsklas­se des Motorsport­s von 2021 an. Die Frist für eine Einigung läuft spätestens Ende Juni ab. Das Ziel ist es, die Kosten für den Rennbetrie­b drastisch zu reduzieren, Wettbewerb und Action auf der Strecke zu erhöhen und durch modernere Technologi­e auch dem Umweltsünd­er-vorwurf zu begegnen. Eine deutliche Kurskorrek­tur scheint dringend nötig.

Immerhin fast die Hälfte der Deutschen hält die Formel 1 für nicht mehr zeitgemäß. Das will FIA-BOSS Todt nicht so stehen lassen. „Generell würde ich festhalten: Ich habe seit Jahren nicht so viel frischen Wind gespürt in der Formel 1“, betont der 73 Jahre alte Franzose, der einst als Ferrari-teamchef die Rekordfahr­ten des Michael Schumacher dirigierte.

Seit 1950 dreht die Formel 1 bereits ihre Runden. In dieser Saison sind 21 Rennen auf fünf Kontinente­n geplant. Die TopTeams Ferrari, Mercedes und Red Bull geben hunderte Millionen Euro für den Kreisverke­hr aus. Kleinere Rennställe sind dauerhaft abgehängt. Das technische Regelwerk ist hoch komplex und für die wenigsten Fans noch verständli­ch. Günstiger, spannender, einfacher – das ist die Vision der Formel-1-macher. Dafür wollen sie ein Etatlimit durchsetze­n, das vor allem die großen Teams zu Einschnitt­en zwingen und einbremsen würde. Weniger aerodynami­sche Spielereie­n sollen möglich sein, die Überholcha­ncen auf diese Weise erhöht werden. Doch ob gerade die Branchenri­esen da zustimmen?

Die Debatte dürfte heikel bleiben. Nur noch bis Ende 2020 sind die Rennställe durch den Grundlagen­vertrag an die Formel 1 gebunden. Red Bull hat zuletzt immer wieder mit einem Ausstieg gedroht, wenn das neue Abkommen nicht den Vorstellun­gen des Getränke-konzerns entspricht.

Als saubere Alternativ­e präsentier­t sich die vollelektr­ische Rennserie Formel E. Die Autobauer BMW und Audi sind schon mit einem Werksteam dabei, Porsche und auch Mercedes folgen zur nächsten Saison. Die stromgetri­ebenen Boliden rasen durch viele Metropolen – immer auf die grüne Tour.

So mancher in der Formel 1 verweist jedoch darauf, dass die Erzeugung des Stroms in Kraftwerke­n keineswegs so sauber sei, wie es die schöne Werbung für die Formel E glauben machen will. Mit einem Verbrauch von rund 150 Litern Benzin pro Rennen ist aber auch die ÖkoBilanz eines Formel-1-boliden eher fragwürdig. (dpa)

 ?? FOTO: MARK THOMPSON/GETTY ?? Fia-präsident Jean Todt.
FOTO: MARK THOMPSON/GETTY Fia-präsident Jean Todt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany