Drehen an der Uhr soll ein Ende haben
Das Eu-parlament hat das Ende der Zeitumstellung für 2021 beschlossen. Ob dann Sommer- oder Winterzeit gilt, entscheidet jeder Staat selbst
Straßburg/berlin. Jetzt also doch: Die halbjährliche Zeitumstellung in Europa wird abgeschafft. Das Europäische Parlament beschloss am Dienstag mit großer Mehrheit, den Wechsel von Sommer- und Winterzeit 2021 in der gesamten EU zu beenden. Die Uhren sollen Ende März 2021 das letzte Mal auf Sommerzeit umgestellt werden – Bürger in Eu-staaten, in denen künftig das ganze Jahr die Winterzeit gelten soll, drehen im Herbst 2021 das letzte Mal an der Uhr. Der ursprünglich erhoffte Energieeinspareffekt sei nicht eingetreten, heißt es in dem Beschluss, der mit überraschend breiter Zweidrittelmehrheit zustande kam. Zugleich habe der Zeitwechsel eine negative Wirkung auf die Gesundheit der Bürger, vor allem bei Kindern und älteren Menschen, und beeinträchtige nach Studien auch generell das Wohlbefinden der Bevölkerung.
„Die Zeitumstellung zu beenden, ohne dass es eine Folgenabschätzung gab, ist ein echtes Risiko für den Binnenmarkt.“
Markus Beyrer, Business-europe umstellung – sie wird aber erst später, nach einer Folgenabschätzung für Deutschland und Abstimmung mit anderen EULändern, entscheiden. „Zeitinseln“in der EU und Störungen im Binnenmarkt müssten vermieden werden.
Die Parlamentsentscheidung ist noch nicht das allerletzte Wort, aber das entscheidende Signal. Das entsprechende Gesetz zur Zeitreform müssen EUParlament und der EU-RAT der Mitgliedstaaten noch gemeinsam beschließen. Aber die zuständigen Eu-verkehrsminister haben ebenfalls schon das Jahr 2021 als Ausstiegsdatum in den Blick genommen. Einen entsprechenden Gesetzesvorschlag hatten die Delegationen der Mitgliedstaaten in Brüssel Ende 2018 „allgemein unterstützt“, wie es in einem internen Ratsbericht heißt. Der Parlamentsbeschluss gilt deshalb als Kompromiss, um die finalen Beratungen abzukürzen – viele Abgeordnete hatten auf 2020 als Enddatum gedrängt.
Grund für die lange Anlaufzeit: Vor allem Bahn und Luftfahrtunternehmen, aber auch die Industrie sollen ausreichend Zeit bekommen, sich umzustellen. Am 6. Juni tagt nun das nächste Mal der Eu-verkehrsministerrat. Die Minister müssen im Namen der Mitgliedstaaten ihre Position festlegen. Voraussichtlich im Herbst werden sich das Eu-parlament und der EU-RAT auf das endgültige Gesetz verständigen. Bis April 2020 müssen die Eu-staaten dann an- gemeldet haben, ob bei ihnen künftig Sommer- oder Winterzeit (die korrekt Normalzeit heißt) gelten soll.
Allerdings: Die Entscheidung, die Zeitumstellung abzuschaffen, ist noch relativ leicht – vor allem in Deutschland weiß die Politik eine Mehrheit der Bürger hinter sich, in einer neuen DAKUmfrage erklärten nur noch 18 Prozent ihre Sympathie für den regelmäßigen Zeitwechsel. Aber deutlich schwieriger ist es, sich auf die künftige Zeitregelung festzulegen. Wenn die Sommerzeit das ganze Jahr über gelten soll, was sich viele Befürworter der Reform erhoffen, geht im Winter die Sonne eine Stunde später auf als bisher. In Berlin hieße das, Sonnenaufgang am 1. Januar erst um 9.17 Uhr, in Essen um 9.37 Uhr; den Weg zur Arbeit oder in die Schule müsste die große Mehrheit für Monate im Dunkeln zurücklegen. Staaten wie Spanien erwägen deshalb, die Zeitzone zu wechseln (in der EU gibt es derzeit drei Zeitzonen), andere wollen erst Expertenkommissionen einberufen. Zudem halten die nationalen Regierungen eine Abstimmung mit den Nachbarländern für dringend notwendig. Ein harmonisierter, gut koordinierter, Eu-weiter Ansatz sei unverzichtbar, um einen „Flickenteppich von Zeitzonen“zu ver- meiden, heißt es bei den EU-VERkehrsministern.
In der Wirtschaft wird das Vorhaben mit einiger Skepsis verfolgt. Der europäische Wirtschaftsverband Business-europe warnte nach dem Beschluss, das Ende der Zeitumstellung und die damit verbundenen Entscheidungen jedes Mitgliedstaates seien „ein echtes Risiko für den Binnenmarkt“. Verbandsdirektor Markus Beyrer sagte unserer Redaktion, es habe keine Folgenabschätzung stattgefunden, um die Konsequenzen zu ermessen. Ähnlich hatte sich zuvor der Bundesverband der Deutschen Industrie geäußert und vor „erheblichen Risiken für die vernetzten wirtschaftlichen Abläufe auf unserem Kontinent“gewarnt.
Manche Staaten erwägen, die Zeitzone zu wechseln