Große Lücken beim Klimaschutz im Verkehr
Noch ist unklar, wie Minister Scheuer die Treibhausgase in seinem Bereich spürbar senken will. Expertengruppe geht ohne Einigung auseinander
Berlin. Noch am Montag war Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in Plauderlaune. Fast stündlich twitterte er Botschaften zur FahrradhelmKampagne seines Ministeriums. Einen Tag später war Scheuer wie verstummt: Zur Frage, wie der Verkehr klimafreundlicher wird, kam kein Wort.
In den frühen Morgenstunden des Dienstags war eine Runde von 20 Verkehrsexperten auseinandergegangen, ohne sich auf einen umfassenden Katalog an Klimamaßnahmen im Verkehr zu einigen. Die Vorschläge, die sie in ihrem Bericht auflisten, reichen noch lange nicht aus, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Die Liste ist zwar vorläufig, aber schon hochumstritten.
„Jetzt muss Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer selbst liefern und eigene Vorschläge machen. Die Verantwortung wird ihm niemand abnehmen“, forderte Spd-verkehrsexperte Sören Bartol. Er warf dem Minister vor, die Arbeit der Experten „massiv gestört“zu haben. Das sagt auch Cem Özdemir, der Vorsitzende des BundestagsVerkehrsausschusses: Scheuer habe „Denkverbote und Maul- körbe verteilt, damit die Experten ja nichts aufschreiben, was den Status quo tatsächlich verändern würde“, so Özdemir.
Scheuer hatte mehrfach deutlich gemacht, dass er „keine Verbote, keine Einschränkungen und Verteuerungen“haben will, um den Verkehr klimafreundlicher zu machen. Mitglieder der Expertengruppe berichteten von starker Einflussnahme des Ministeriums und der Autoindustrie. Politisch unerwünschte Vorschläge würden ignoriert.
Das Dokument soll an diesem Freitag zusammen mit den Ergebnissen anderer Experten- gruppen zu einem Zwischenbericht zusammengefügt werden. Dieser soll dann an die Bundesregierung übergeben werden. Ob und wie die Vorschläge nachgearbeitet werden, sodass die Klimaziele erreicht werden, ist unklar. Ebenso offen ist, wie und wann die Pläne Gesetz werden könnten.
Die Städte lobten die ersten Ergebnisse. Sie könnten „den Klimaschutz im Verkehrsbereich deutlich voranbringen“, sagte Städtetags-präsident Markus Lewe unserer Redaktion. Der Verkehr habe bisher keinen wesentlichen Beitrag zum Kli- maschutz erbracht, so Lewe. Er sei aber für etwa 18 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich: „Deshalb muss jetzt gehandelt werden.“Der Fdp-vorsitzende Christian Lindner warnte die Bundesregierung davor, sich beim Klimaschutz auf den Verkehr zu konzentrieren: „Sicherlich gibt es auch im Verkehr Einsparmöglichkeiten, oft sind sie aber in anderen Bereichen schneller und günstiger zu realisieren, wie bei der Wärmeversorgung oder in der Energiewirtschaft“, sagte Lindner unserer Redaktion. (ak/gau/phn)