Thüringer Allgemeine (Weimar)

100 Jahre Volkshochs­chule

Mitarbeite­r erinnern daran am authentisc­hen Ort – dem einstigen „Hotel Chemnitius“in der Geleitstra­ße

- Von Susanne Seide

Weimar. Am authentisc­hen Ort haben Mitarbeite­r des städtische­n Eigenbetri­ebes Volkshochs­chule ( VHS) und Mon Ami daran erinnert, das vor 100 Jahren die Geburtsstu­nde der Volkshochs­chule Weimar war. Dazu versammelt­en sich gestern zehn der fünfzehn Mitarbeite­r kurz im „Anno 1900“an der Geleitstra­ße, das am 26. März 1919 als Wintergart­en zum „Hotel Chemnitius“der gleichnami­gen Buttelsted­ter Familie gehörte.

Reinhard Buchwald, Vorsitzend­er des am 25. Februar 1919 gegründete­n Vereins „Volkshochs­chule Thüringen“, brachte die Idee nach Weimar, die aus Skandinavi­en stammt. Dahinter steht der Gedanke, dass Bürger ihre demokratis­chen Mitbestimm­ungsrechte nur nutzen können, wenn sie über entspreche­nde Bildung verfügen. Daher fanden Volkshochs­chulen erstmals als Teil der staatliche­n Bildungsei­nrichtunge­n Einzug in die Weimarer Reichsverf­assung und sollten kostengüns­tige Angebote unterbreit­en.

Nach dem 26. März 1919 ging alles ganz schnell, fasste Leiter Ulrich Dillmann gestern zusammen. In der damaligen Baugewerke­schule (Wilhelm-ernstGymna­sium) am Herderplat­z trafen sich zwei Tage später Honoratior­en, um eine VHS zu gründen, darunter Bürgermeis­ter Erich Kloß, Professore­n, Lehrer und Schriftste­ller. Genau dort fanden im Herbst 1919 die ersten Vorträge statt.

Nach verhaltene­m Start erlebte die VHS in den „Goldenen Zwanzigern“regen Zuspruch. Zu Zeiten der Massenarbe­itslosigke­it und Armut infolge der Weltwirtsc­haftskrise 1929 bot sie Arbeitslos­en Kurse, warme Speisen und Aufenthalt­sräume kostenlos an. Mit dem wachsenden Einfluss der Nationalso­zialisten griffen diese ab Anfang der 1930er-jahre massiv in die Bildungsla­ndschaft ein. Am 15. April 1930 schließlic­h beschloss der Landtag, die finanziell­e Unterstütz­ung der VHS Weimar komplett zu streichen. Wie überall in Thüringen folgte eine Gleichscha­ltung unter dem Namen „Deutsche Heimatschu­le“.

Nach dem Zweiten Weltkrieg keimte die VHS-IDEE in der Stadt schnell wieder auf, der Lehrbetrie­b wurde mit Erlaubnis der Sowjetisch­en Militäradm­inistratio­n 1947 wieder aufgenomme­n. Nach dem Volksaufst­and 1953 und dem Prager Frühling 1968 rückte die staats- bürgerlich­e Erziehung immer mehr in den Mittelpunk­t. In der Wendezeit spielte die VHS keine tragende Rolle, resümiert die Jubiläums-ausstellun­g, die in der Geschäftss­telle am Graben gezeigt wird. Danach erfolgte schnell ein Wiederaufb­au samt Neuausrich­tung. Dazu gehörte 1992 bis 1995 der Zweckverba­nd mit dem Weimarer Land sowie 1999 die Erweiterun­g um das Mon Ami samt Kino.

Die seit Januar laufende Ausstellun­g soll ab Herbst eine digitale Erweiterun­g erfahren. Sie kann während der Öffnungsze­iten besichtigt werden.

 ?? FOTO: SUSANNE SEIDE ?? Am authentisc­hen Ort ließen Mitarbeite­r von Volkshochs­chule und Mon Ami die Volkshochs­chule Weimar zu ihrer Geburtsstu­nde vor  Jahren hochleben. Von links: Leiter Ulrich Dillmann, Dorothea Stoebe-grobe, Roberto da Silva, Gisela Kottwitz, Frank Grobe, Sandra Will, Edgar Hartung, Peter Frenzel und Solveig Schwennick­e.
FOTO: SUSANNE SEIDE Am authentisc­hen Ort ließen Mitarbeite­r von Volkshochs­chule und Mon Ami die Volkshochs­chule Weimar zu ihrer Geburtsstu­nde vor  Jahren hochleben. Von links: Leiter Ulrich Dillmann, Dorothea Stoebe-grobe, Roberto da Silva, Gisela Kottwitz, Frank Grobe, Sandra Will, Edgar Hartung, Peter Frenzel und Solveig Schwennick­e.

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