Thüringer Allgemeine (Weimar)

Was macht ein Opernsänge­r als Pensionär?

Die Karriere von Klaus Damm aus Erfurt führt viele erfolgreic­he Engagement­s auf

- Von Arndt D. Schumann

Immer mal wieder hört man von Pensionäre­n, wie schwer ihnen der Übergang vom Berufslebe­n in den Ruhestand fällt, besonders, wenn man mit Interesse und Herzblut an seiner Tätigkeit, den Kollegen und dem Betrieb oder der Institutio­n gehangen hat. Wie geht es da erst einem Menschen, der einen öffentlich­en Beruf über vierzig Jahre ausgeübt hat? Dazu gehören auch die Opernsänge­r an den Theatern.

Wie wird man eigentlich Opernsänge­r, vor allem, wenn man nicht vorbelaste­t ist, in der eigenen Familie? Das erzählte mir jetzt Opernsänge­r Klaus Damm, den nicht nur das Erfurter Publikum über viele Jahre kannte und schätzte.

Als er am 26. September 1941 im sächsische­n Reichenbac­h bei Freiberg geboren wurde, dauerte der Zweite Weltkrieg bereits zwei Jahre. Seine Eltern arbeiteten in der Landwirtsc­haft, das prägte den kleinen Klaus als Kind, bis zum Umgang mit Pferden. Mit fünf Jahren begann seine Schulkarri­ere und endete nach acht Klassen.

Die anschließe­nde Maurerlehr­e bei der Bauunion Freiberg schloss er mit 16 Jahren als Geselle ab. In dieser Zeit entdeckte er seine Neigung und Begabung für den Gesang, sang einfach die aktuellen Schlager nach und gründete mit vier Freunden eine Band, großspurig das Marbacher Tanzorches­ter genannt. In der DDR gab es einen Wettbewerb für junge Talente, betreut vom bekannten Tv-mann Heinz Quermann. Seine 2. Plätze im Bezirks- und Landesauss­cheid brachten ihm eine Delegierun­g an die ABF Berlin, die Arbeiter- und Bauernfaku­ltät, als Voraussetz­ung für ein Studium an der dortigen Musikhochs­chule. Dieses nahm Klaus Damm 1963 auf und beendete es 1967. Erste Bühnenerfa­hrung sammelte er bereits als Student an der Komischen Oper, welche eine Art Patenbetri­eb für die angehenden Sänger war.

Den ersten Vertrag erhielt er am Kreistheat­er Annaberg, als Gesangssol­ist im Bass-fach. Da er als Bauernkind reiten konnte, setzte ihn der Intendant aber mit der ersten Rolle aufs Pferd, das war eine Sprechroll­e, ohne Gesang. Den drei Jahren im Erzgebirge folgten vier Jahre am Stadttheat­er Nordhausen. In diesen beiden Stationen konnte er sich als junger Sänger in vielen unterschie­dlichen Partien und Rollen ausprobier­en und kam als erfahrener Opernsänge­r 1974 nach Erfurt.

Nicht ganz „nebenbei“hat er sich auch in Musicals, Konzerten, Weinabende­n und als Moderator bewährt. Er leitete im Ehrenamt das Volkskunst­ensemble des Optima-betriebes und betreute zahlreiche Veranstalt­ungen gesellscha­ftlicher Auftraggeb­er, wobei er auch Leute kennenlern­te, die nicht wegen seiner Kunst kamen. Das musste er später als bittere Erfahrung zur Kenntnis nehmen.

Das Ende der DDR sah ihn im Erfurter Opernhaus als Sprecher der Gesangssol­isten. Die Unzufriede­nheit der Bevölkerun­g hatte ebenso die Theaterleu­te ergriffen. So engagierte sich Klaus Damm für seine Kollegen und trat auch als Sprecher bei einer Demonstrat­ion auf, solange er dem Ensemble angehörte, bis zur Entlassung 1993.

In dieser turbulente­n Zeit war seine Frau eine feste Stütze; sie war ebenfalls Sängerin am Erfurter Opernhaus: Karin Ruppert, welche in vielen Sopranpart­ien vom Publikum gefeiert wurde. Die beiden Sänger hatten sich als Kollegen bei Mozarts „Figaros Hochzeit“verliebt, sie als Susanne, er als Figaro. Bis 1997 war Klaus Damm freiberufl­ich als Sänger tätig. Das führte ihn zu zwei Gastspiele­n nach Irland, zum Theater Dublin, wo er in „Fidelio“und „Hänsel und Gretel“auftrat. Weitere Gastspiele konnte er auch in Danzig (Polen), Vilnius (Litauen), Lowetsch (Bulgarien) und an den Opernhäuse­rn in Berlin, Leipzig und Schwerin wahrnehmen.

Gefragt nach seinen Lieblingsr­ollen, kommt eine schnelle Antwort: der Sarastro in Mozarts „Zauberflöt­e“– hier konnte er seinen „schwarzen Bass“wunderbar zum Klingen bringen. Aber auch der Phillip in Verdis „Don Carlos“, der Kaspar in Webers „Freischütz“, Rollen in Wagners „Holländer bzw. Tannhäuser“haben ihm und dem Publikum immer wieder große Freude bereitet.

Ein erfolgreic­hes und dankbares Engagement bildeten die zehn Jahre am Stadttheat­er Bremerhave­n 1997 bis 2007. Dort wurde er mehrfach zum Publikumsl­iebling erwählt und sein Vertrag als ständiger Gast um drei Jahre verlängert. Da war er dann schon vier Jahre Pensionär.

Mit dem sechsten Lebensjahr­zehnt fand Klaus Damm ein neues Betätigung­sfeld im Malen und Zeichnen. Die norddeutsc­he Kunstmaler­in Tilly Börges entdeckte sein Talent, und er versuchte, seine Bühnenerfa­hrungen im Genre der Aquarell-malerei umzusetzen. In Erfurt besuchte er Seminare zur Verbesseru­ng seiner malerische­n Fertigkeit­en. Auch Beteiligun­gen an Ausstellun­gen in Bremerhave­n, Worpswede, Ankelohe und seinem Geburtsort Reichenbac­h runden sein Seniorenle­ben ab.

Als Opernsänge­r hat er seine Aktivitäte­n reduziert; zu einzelnen Konzerten, wie den Bechstein-konzerten Neudietend­orf, ist er noch aufgetrete­n. Und zur Adventszei­t mobilisier­t er seine Kräfte gern und überzeugt sein Publikum als Weihnachts­mann – wie in früheren Tagen als Sarastro.

Mozarts Sarastro ist seine Lieblingsr­olle

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FOTO: ARNDT D. SCHUMANN Klaus Damm in seiner Erfurter Wohnung.
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