Raser wegen Mordes verurteilt
Das erste Urteil gegen die „Ku’damm-raser“war aufgehoben worden. Doch es bleibt dabei: Sie müssen lebenslang in Haft
Berlin. Auch am Ende des Prozesses gegen die „Ku’damm-raser“fand der Vorsitzende Richter des Landgerichts klare Worte: „Unfall egal, Menschenleben egal, Hauptsache Motorhaube vorn“, sagte Matthias Schertz in seiner Urteilsbegründung: „Die Autos wurden in diesem Moment zu Projektilen mit ungeheurer Zerstörungskraft.“
Erneut haben Richter Marvin N. und Hamdi H. in Berlin wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Einer der Männer reagierte mit Kopfschütteln und sarkastischem Lachen, der andere mit aufgesetzter Gelassenheit. Die beiden Unfallfahrer vom Berliner Ku’damm schienen es kaum fassen zu können, dass sie nun schon zum zweiten Mal als Mörder verurteilt wurden und dauerhaft hinter Gitter sollen. Seit drei Jahren sitzen sie bereits in Untersuchungshaft. Ihr illegales Autorennen mit einem unbeteiligten Toten wird wohl erneut ein Fall für den Bundesgerichtshof (BGH).
Gleich nach der Urteilsverkündung legte einer der Verteidiger Revision ein. Wie damals, als das Landgericht – deutschlandweit erstmals in einem Raser-fall – auf gemeinschaftlichen Mord entschied. Das Urteil hob der BGH im März 2018 auf. Vor mehr als drei Jahren waren die heute 30 und 27 Jahre alten Männer dröhnend und mit Vollgas in der City über elf rote Ampeln mit ihren hochmotorisierten Autos gerast – mit bis zu 170 Kilometern pro Stunde. An einer Kreuzung rammte das Fahrzeug des Älteren, Hamdi H., einen Jeep, der bei Grün losfuhr. Der Wagen des 69-Jährigen wurde durch die Luft geschleudert, der Arzt im Ruhestand starb. Das Trümmerfeld habe wie nach einem Terroranschlag ausgesehen, heißt es im Urteil.
War es Fahrlässigkeit oder Mord – darum ging es. Laut Richter Schertz handelten die Täter mit bedingtem Tötungsvorsatz. „Die Gefährlichkeit war kaum noch zu toppen.“Die Angeklagten hätten gewusst, was sie taten. „Mit Fahrlässigkeit hatte das nichts mehr zu tun“, sagte der Richter.
Bereits mit dem ersten Urteil gegen die beiden Angeklagten hatte das Berliner Landgericht Rechtsgeschichte geschrieben. Nicht nur, weil in Deutschland zum ersten Mal Beteiligte an einem illegalen und tödlich endenden Autorennen wegen Mordes verurteilt worden waren. Auch war der Fall Grundlage für eine Gesetzesänderung, durch die die Beteiligung an einem illegalen Rennen mit Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren geahndet werden kann.
Drei Mordmerkmale haben die Richter ausgemacht: Die schweren Autos seien zu gemeingefährlichen Mitteln geworden, zu unbeherrschbaren Projektilen. Der Rentner sei argund wehrlos gewesen, die Tat somit heimtückisch. Zudem würden niedrige Beweggründe vorliegen – „es ging ihnen um die kurzfristige Befriedigung des Raser-egos“. ( mit dpa)