Zwischen Himmel und Hölle
Ex-triathlet Steffen Justus bestreitet beim Rennsteiglauf am 18. Mai den Supermarathon
Schmiedefeld. Steffen Justus ist in seinem Leben als Triathlon-profi Hunderte von Kilometer gelaufen, saß bei Wind und Wetter auf dem Fahrrad und musste sich beim Schwimmen stets aufs Neue behaupten. Der gebürtige Jenaer, der 2010 sogar Vize-weltmeister wurde, erlebte allerdings erst nach dem Ende seiner Karriere als Profisportler, was es heißt, an seine Grenzen zu gehen. „Der Rennsteiglauf war die krasseste Erfahrung, die ich bislang erlebt habe“, sagt der 36-Jährige über sein Debüt beim 73,9 Kilometer langen Supermarathon von Eisenach nach Schmiedefeld mit seinen 1867 Höhenmetern vor fast einem Jahr. Jene Tortur aber hielt ihn nicht ab, für die 47. Auflage am 18. Mai erneut seine Meldung abzugeben. Justus wird an jenem Tag um 6 Uhr auf dem Marktplatz der Wartburgstadt das Rennen aufnehmen.
„Langsam lange laufen. Das musste ich erst lernen“, sagt der einstige Weltklasse-triathlet, der 2009 den Frankfurt-marathon in 2:18 Stunden bewältigte. Mit diesem Tempo allerdings hätte er beim langen Kanten im Thüringer Wald das Ziel nie erreicht. Auch so musste er der für ihn völlig neuen körperlichen Herausforderung über mehrere Stunden Tribut zollen. „Ich war unterwegs völlig platt, die Muskeln versagten ihren Dienst und habe mir gewünscht, dass irgendwo ein Taxi steht und ich einsteigen kann“, sagt Justus über seinen Leistungseinbruch. Der in Saarbrücken lebende ExTriathlet hat auch dank aller Leidensgenossen auf der Strecke durchgehalten: „Als ich das Ziel in Schmiedefeld erreicht habe, hatte ich Gänsehaut und Tränen in den Augen.“
Am Start in Eisenach traf er nämlich ein paar alte Bekannte. Den späteren Sieger Florian Neuschwander aus Neunkirchen zum Beispiel kannte er aus seiner Wahl-heimat Saarbrücken. Mit dem aus Friedrichroda stammenden Frank Merrbach, dem Sieger von 2017, lieferte sich Justus als Schüler in Thüringen ein paar Duelle. Und auch Vorjahressieger Marc Schulze aus Dresden war für ihn kein Unbekannter. „Wir haben die 15 Kilometer gemeinsam absolviert. Dann ist der Marc weggelaufen. Solch eine lange Stre- cke war ich nicht gewohnt“, sagt Justus, der nach 6:01:12 Stunden als Zwölfter und 47 Minuten hinter Neuschwander die Ziellinie überquerte.
Nun also weiß er, was am 18. Mai auf ihn zukommt. Justus versucht trotz seiner beruflichen Herausforderungen, in der Woche auf 100 Trainingskilometer zu kommen, um für die extreme Belastung gerüstet zu sein. Für die Deutsche Triathlon-union (DTU) fungiert er als Bundestrainer Sichtung, weshalb sich seine sportlichen Ambitionen verschoben haben. Wenn er die Stützpunkte in ganz Deutschland besucht, muss er sein eigenes Training akribisch planen. Am 5. Mai will er als Vorbereitung beim Marathon in St. Wen- del in einer Zeit um die 2:40 Stunden das Ziel erreichen.
Das Laufen ist ihm in die Wiege gelegt. Vater Klaus-peter war einst einer der besten Mittelstreckenläufer und gewann 1974 Europameisterschafts-gold über die 1500 Meter. Als sein Onkel den Supermarathon am Rennsteig bewältigte, stand Justus staunend an der Strecke. Logisch war da nur, dass er Jahre 1993, als der Juniorcoss seine Premiere feierte und erstmals die jungen Läufer ins Boot holte, mit seiner Cousine am Start stand und wie ein Jahr später Platz drei belegte. Bei seiner Rückkehr auf den Rennsteig im Mai 2017 meisterte er den 21,1 Kilometer langen Halbmarathon mit Start in Oberhof in starken 1:11:11 Stunden und verpasste als Zweiter den Sieg nur um 83 Sekunden.
Steffen Justus ist trotz aller Strapazen voller Vorfreude, wenn er an seinen Start am 18. Mai denkt. „Es wäre ein Traum, ganz vorne zu landen. Aber es kann passieren, man liegt schnell hinten“, sagt der gebürtige Jenaer, der schon erfahren hat, wie schmal der Grat zwischen Himmel und Hölle auf dem Rennsteig sein kann.