Thüringer Allgemeine (Weimar)

Was sollen bloß die Leute sagen

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Neulich fragt mich meine beste Freundin Pia: „Wie wichtig ist dir eigentlich, was die Leute sagen?“

„Welche Leute?“, sag’ ich. „Na ‚die Leute‘ eben: Bekannte, Verwandte, Nachbarn, auch Fremde“, sagt Pia.

„Du meinst, wie sehr ich mein Tun danach ausrichte, was andere davon halten könnten?“, sag’ ich.

„Genau! Du kennst doch den mahnenden Spruch unserer Eltern: Was sollen bloß die Leute sagen?!“, sagt Pia.

„Ist das für dich etwa bis heute das maßgeblich­e Kriterium bei deinen Entscheidu­ngen? Du mähst den Rasen – weil irgendwelc­he Leute sich daran stören könnten, dass im Vorgarten das Gras blüht? Du kaufst lieber mal 200 Gramm Leberwurst, obwohl du bloß 50 brauchst, weil dich die anderen in der Fleischer-schlange für knickrig halten könnten? Du veranstalt­est Riesen-geburtstag­spartys, auch wenn dir gar nicht zum Feiern ist – bloß, weil der Schwager des Stiefbrude­rs deiner Großcousin­e anmeckern könnte, dass du dich der guten alten Tradition verweigers­t?“, sag’ ich.

„Ist dir denn total egal, was andere sagen?“, sagt Pia.

„Ich hoffe schon! Wichtig sind mir eigentlich die Urteile ganz konkreter Menschen. Wenn mein Enkelkind sagt, Oma, deine Schuhe sehen blöd aus, dann denke ich ernsthaft darüber nach. Oder wenn du sagst, bring Ordnung in dein Leben. Aber irgendwelc­he imaginären Erwartungs­haltungen im vorauseile­nden Gehorsam zu erfüllen, das ist nicht so mein Ding“, sag’ ich.

„Ich finde schon, du solltest mal über dein Sozialverh­alten nachdenken“, sagt Pia.

„Nö! Ich warte, bis die Leute mir Bescheid geben . . .“, sag’ ich.

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Britta Hinkel redet mit Pia über vorauseile­nden Gehorsam

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