Thüringer Allgemeine (Weimar)

Harmonie auf offener Bühne

Grüne verabschie­den Landtagswa­hlprogramm. Schwerpunk­te: Klimaschut­z, gesellscha­ftlicher Zusammenha­lt und Mobilität

- Von Elmar Otto

Erfurt. Es war spät geworden am Freitag. Stundenlan­g saßen rund 40 Grüne im Anschluss an die Landtagssi­tzung noch zusammen, um über die 331 Änderungsa­nträge zum Wahlprogra­mm zu diskutiere­n. Die meisten Konflikthe­rde konnten schließlic­h ausgeräumt werden. Manche verließen das Gebäude aber erst gegen ein Uhr morgens.

Keine zehn Stunden später versammeln sich gut 100 grüne Delegierte im Erfurter Zughafen, einem Szenetreff für Künstler und Kreative. Sie wollen das Programm für die Landtagswa­hl endgültig beschließe­n. Der bundesweit­e Höhenflug ist zu spüren, obwohl sich die Umfragen im Rahmen halten, die Stimmung ist gut. Wenn gemosert wird, dann darüber, dass es zwar Stühle, aber keine Tische gibt.

Auf 70 Seiten haben die Grünen ein Plädoyer für Klima- und Naturschut­z sowie gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt und gegen die Massentier­haltung verfasst. Sie setzen sich für Schnellrad­wege zwischen Städten und thüringenw­eite Nahverkehr­stickets ein. Umweltmini­sterin Anja Siegesmund steht auf der Bühne, hinter ihr ist groß „Jetzt geht es um morgen“zu lesen. „Wir sind die Öko-, Umwelt- und Zukunftspa­rtei“, ruft Siegesmund, die auch Spitzenkan­didatin ist. Das kommt an.

In der ersten Reihe sitzen Parteichef­in Annalena Baerbock und einer ihrer Vorvorgäng­er, Reinhard Bütikofer, der gerade wieder ins Eu-parlament gewählt wurde. Beide sehen zufrieden aus. Baerbock sagt „Wer Kohle verbrennt, muss einen Preis zahlen“und kündigt eine Co2-initiative im Bundestag an. Bütikofer berichtet von den grünen Erfolgen in Europa und sagt, dass er sein Regionalbü­ro von Schwerin nach Erfurt verlagern wolle und im Wahlkampf gerne helfen werde.

Landtagsfr­aktionsche­f und Spitzenkan­didat Dirk Adams meint, 100 Prozent auf erneuerbar­e Energien zu setzen, sei bis zum Jahr 2037 zu schaffen. „Wir wollen den Leuten nichts verspreche­n, was wir hinterher nicht halten können.“

Während draußen KarottenZu­cchini-klöpse, vegane Pizzaschne­cken und die Fettbemmen knapp werden, geht es in der Halle darum, ob man das Wahlalter nicht auf null Jahre herunterse­tzen sollte. Doch die Grüne Jugend kann sich nicht durchsetze­n. Auch eine verschärft­e Videoüberw­achung auf Polizeirev­ieren findet keine Mehrheit.

Justizmini­ster Dieter Lauinger meldet sich mehrfach zu Wort. „Bei der Flüchtling­spolitik dürfen wir uns nicht wegducken“, sagt er und fordert klare Kante gegen die AFD. „Das wird von uns erwartet. Kein anderer wird es machen“, ist er überzeugt. Die SPD eiere bei dem Thema rum.

Umweltstaa­tssekretär Olaf Möller knöpft sich den großen Koalitions­partner vor, der die Landwirtsc­haft ministerie­ll verantwort­et. „Die Linken haben dieses Ressort nur verwaltet“, sagt Möller. Die Grünen dagegen hätten unter anderem mit der Schaf-ziegen-prämie Akzente gesetzt.

„10 Prozent plus X“ist das Ziel für die Landtagswa­hl. RotRot-grün soll fortgesetz­t werden. Falls es nicht reicht, will man aber mit allen demokratis­chen Parteien sprechen.

Am späten Nachmittag ist das Programm verabschie­det. Es herrscht Harmonie auf offener Bühne. Kurz wird sogar eine Kleiderfra­ge zur Nachricht. Parteichef­in Baerbock verrät, dass sie sich mit Fraktionsc­hefin Katrin Göring-eckardt per SMS abspricht, um bei öffentlich­en Auftritten nicht zu ähnlich angezogen zu sein.

 ?? FOTO: S. FROMM ?? Die Grünen im Erfurter Zughafen: Spitzenkan­didaten Dirk Adams und Anja Siegesmund, Bundesvors­itzende Annalena Baerbock und die Landesspre­cher Denis Peisker und Stephanie Erben (von links).
FOTO: S. FROMM Die Grünen im Erfurter Zughafen: Spitzenkan­didaten Dirk Adams und Anja Siegesmund, Bundesvors­itzende Annalena Baerbock und die Landesspre­cher Denis Peisker und Stephanie Erben (von links).

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