Thüringer Allgemeine (Weimar)

Spur in die Nazi-szene

Festnahme im Mordfall Lübcke – der Verdächtig­e soll polizeibek­annt und einschlägi­g vorbestraf­t sein

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Damals sei ihm eine Dna-probe entnommen und in der Datenbank gespeicher­t worden.

Nach Lübckes Tod hatten hasserfüll­te und hämische Reaktionen aus der rechten Szene im Internet für Empörung gesorgt. Bundespräs­ident Frank-walter Steinmeier sagte, wie sich manche in den sozialen Netzwerken geradezu hermachten über dessen Tod, sei „zynisch, geschmackl­os, abscheulic­h, in jeder Hinsicht widerwärti­g“.

Schon zu Lebzeiten hatte Lübcke Morddrohun­gen erhalten. Als Chef des Regierungs­präsidiums Kassel, einer Art Mittelbehö­rde zwischen der Landesregi­erung und den Kommunen, hatte der politische Spitzenbea­mte sich in der Flüchtling­skrise vor vier Jahren für die Unterbring­ung von Flüchtling­en in Nordhessen ausgesproc­hen. Im Jahr 2015 hatte sich Lübcke gegen Schmährufe zur Aufnahme von Flüchtling­en gewehrt und gesagt, wer gewisse Werte des Zusammenle­bens nicht teile, dem stehe es „frei, dieses Land zu verlassen“. Eine Verbindung zu der Bluttat hatten die Ermittler bislang allerdings nicht gesehen. Anfang des Jahres war Lübcke abermals im Internet angefeinde­t worden. Ob diese Entwicklun­g im engeren Zusammenha­ng mit der Tat steht, wird nun geklärt.

Der Mord hatte sich in der Nacht zum 2. Juni im nordhessis­chen Wolfhagen-istha ereignet. Angehörige entdeckten den 65Jährigen kurz nach Mitternach­t auf der Terrasse. Reanimatio­nsversuche blieben erfolglos, im Krankenhau­s wurde sein Tod festgestel­lt.

Eine 50-köpfige Sonderkomm­ission „Limecke“unter Leitung des hessischen Landeskrim­inalamtes nahm die Ermittlung­en auf. Auch bei „Aktenzeich­en XY“war der Fall Thema. Für Aufregung sorgte am vergangene­n Wochenende ein Polizeiein­satz an der Nordseeküs­te. Die Polizei stoppte den Fährbetrie­b und nahm einen Mann in Gewahrsam, ließ ihn nach der Befragung aber wieder gehen. Der nun Festgenomm­ene sei nicht der Mann von der Fähre, betonten die Ermittler am Sonntag

Die Sicherheit­sbehörden stehen nun vor einer besonderen Herausford­erung. Denn offenbar ist unklar, ob es sich um eine Einzeltat handelt, die sich ausschließ­lich gegen Lübcke gerichtet hat, oder ob damit weitere Taten verbunden sein könnten .

Dem Vernehmen nach soll deshalb geprüft werden, ob es weitere potenziell­e Opfer geben könnte.

Lübcke hinterläss­t eine Frau und zwei erwachsene Kinder. Am Sonnabend – dem Tag der Festnahme des Tatverdäch­tigen – wurde der 65-Jährige in seinem Heimatort beigesetzt. Am Donnerstag hatte es in Kassel einen Trauergott­esdienst. mit über 1300 Besuchern für den CDUPolitik­er gegeben. „Zur Grausamkei­t der Tat kommt die Ungewisshe­it: Wer war es, der diesem Leben kaltblütig und hinterrück­s ein Ende setzte?“, so Martin Hein, Bischof der Evangelisc­hen Kirche von Kurhessen-waldeck. Vielleicht bringen die nächsten Tage Licht ins Dunkel der Vermutunge­n. (dpa)

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FOTO: RALPH ORLOWSKI/REUTERS Polizisten sammeln sich zum Einsatz am Wohnhaus des ermordeten Walter Lübcke in Wolfhagen-istha bei Kassel.
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FOTO: DPA Vor zwei Wochen erschossen: Walter Lübcke (CDU).

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