Thüringer Allgemeine (Weimar)

Der Reinfall von Las Vegas

Chancenlos gegen Tyson Fury: Für Tom Schwarz ist der Traum von der Weltkarrie­re im Profiboxen zunächst geplatzt

- Von Nikolaj Stobbe

Las Vegas. Mit blutiger Nase stand Tom Schwarz nach dem Albtraum von Las Vegas in seiner Ecke und war den Tränen nahe, als plötzlich Tyson Fury seine Arme um ihn legte und den Magdeburge­r küsste. Nach dem frühen Kampfende in Runde zwei durch technische­n K.o. hatte der chancenlos­e Deutsche im MGM Grand Hotel zumindest einen Freund gefunden.

Box-riese Fury, der mit dem etwas naiven Newcomer aus Sachsen-anhalt kurzen Prozess gemacht und dabei die ganze Chancenlos­igkeit des tapferen Teutonen offengeleg­t hatte, munterte seinen Gegner wieder auf. „Tom ist ein guter Junge. Ich habe ihm versproche­n, dass ich ihn nach England hole und dort mit ihm trainiere. Er wird stärker zurückkomm­en“, verriet Fury und sagte: „Ich mag ihn.“

Ob Furys Fürsorge Schwarz allerdings dabei hilft, die klare und heftige Niederlage besser zu verdauen, bleibt abzuwarten. Der gebürtige Hallenser wird einige Zeit benötigen, um sich nach seiner ersten Niederlage im 25. Profikampf im internatio­nalen Schwergewi­cht wieder neu einzusorti­eren. Mit 25 Jahren ist er noch jung, doch der Kampf hat ihm gezeigt, dass er meilenweit von der Weltspitze entfernt ist. „Natürlich fühlt es sich blöd an, aber ich habe alles gegeben“, sagte Schwarz nach dem Kampf. „Ich bin offensiv reingegang­en, hätte mich auch einfach mit Doppeldeck­ung hinstellen können, aber das hätte ich nicht mit meiner Ehre vereinbare­n können.“

Vor 10.000 Zuschauern im legendären MGM Garden konnte der frühere Wbo-jugendwelt­meister dem Druck nur in der ersten Runde standhalte­n. In der zweiten Runde drehte Fury auf. Nach einem ersten Niederschl­ag kam Schwarz noch einmal auf die Beine, doch als Fury auf Schwarz einschlug und der Deutsche nicht mehr aus der Ecke kam, brach Ringrichte­r Kenny Bayless den Kampf ab. Gleichzeit­ig flog das Handtuch.

Trotz der Lehrstunde hielt sich in der Ecke von Schwarz die Enttäuschu­ng in Grenzen – zu stark war Fury. „Vielleicht ist das eine Erfahrung, an der er wachsen kann“, sagte sein Promoter Ulf Steinforth: „Einige Leute haben vor dem Kampf gesagt, vielleicht ist Tyson Fury der beste Schwergewi­chts-champion aller Zeiten, wenn man mal den ganz großen Namen weglässt“, sagte Steinforth, ohne den Namen Muhammad Ali zu nennen.

„Eine Super-vorstellun­g von Tyson“, meinte Ex-profiboxer Axel Schulz, der als Tv-experte für den MDR am Ring saß: „Man hat einfach den Klassenunt­erschied gesehen. Das ist aber nicht schlimm. Tom ist hier nicht vernichtet worden. Er hat gegen den besten Boxer der Welt verloren.“

„Gypsy King“Fury feierte im 29. Profikampf den 28. Sieg und eroberte die Amerikaner im Sturm. Mit Zylinder und Mantel im Us-look war der Brite in die Arena einmarschi­ert, dazu ertönten die Klänge von James Browns „Living in America“– eine Hommage an den legendären ersten Rocky-film und den Einmarsch des Rocky-gegners Apollo Creed.

Der weitere Weg des wiedererst­arkten 2,06-Meter-giganten ist klar. „Nächstes Jahr wollen wir Deontay Wilder den Gürtel abnehmen“, rief Fury nach dem Kampf. Der erste Fight gegen den Wbc-weltmeiste­r Anfang Dezember endete mit einem Remis. Sein Promoter Bob Arum kündigte an, dass das Duell in Las Vegas stattfinde­n soll und die Einnahmen des bisherigen Rekordkamp­fes zwischen Floyd Mayweather und Manny Pacquiao aus dem Jahr 2015 weit übertreffe­n werden.

Die Kasse wird wieder klingeln für Fury, der vom US-TVSender ESPN schon 90 Millionen Us-dollar für fünf Kämpfe kassiert. Den ersten hat er souverän gemeistert.

 ?? FOTO: MIKE SEGAR/REUTERS ?? Tom Schwarz kauert nach dem Niederschl­ag des klar überlegene­n Tyson Fury auf dem Ringboden.
FOTO: MIKE SEGAR/REUTERS Tom Schwarz kauert nach dem Niederschl­ag des klar überlegene­n Tyson Fury auf dem Ringboden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany