Ramelow und Kretschmer erhöhen gemeinsam Druck auf den Bund
Landesregierungen von Thüringen und Sachsen verlangen Ersatz für auslaufenden Solidarpakt II und mehr Investitionen
Erfurt. Vor den anstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland haben Sachsen und Thüringen weitere finanzielle Zugeständnisse vom Bund verlangt. „Die Thüringer Landesregierung und die Sächsische Staatsregierung haben die Erwartung, dass ihr aktuelles Förderniveau bei der Ausgestaltung des künftigen gesamtdeutschen Fördersystems beibehalten wird“, heißt es in einer Beschlussvorlage für die gemeinsame Sitzung beider Kabinette am heutigen Dienstag in Altenburg. Das Papier liegt dieser Zeitung vor.
Hintergrund ist, dass in diesem Jahr der Solidarpakt II ausläuft. Ab 2020 fließen keine Gelder mehr. Die Regierungen unter Führung der Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) und Michael Kretschmer (CDU) warnen nun vor den Folgen und fordern Kompensation. „Ein Nachlassen bei der Förderung könnte das Erreichte gefährden“, erklären sie. Zudem müsse der Bund verstärkt in die Verkehrsinfrastruktur investieren, hier vor allem in die Elektrifizierung der Mitte-deutschland-verbindung. Der Ausbau der Strecke liege „im zentralen Interesse beider Länder“, sagte Ramelow dieser Zeitung.
Die Forderungen richten sich konkret an die Kommission für „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, die vor einem Jahr von der Bundesregierung eingesetzt worden war. Sie soll im Juli einen Bericht und konkrete Vorschläge vorlegen. Die Kommission müsse die „ostdeutsche Wirtschaftslage gezielt in den Blick nehmen“, heißt es in der Kabinettsvorlage. Forschungsund Entwicklungsaktivitäten, welche die unterdurchschnittliche Größe ostdeutscher Unternehmen berücksichtigten, sollten speziell gefördert werden.
Die beiden Landesregierungen verweisen darauf, dass die Wirtschaftskraft der ostdeutschen Länder trotz positiver Entwicklungen „immer noch signifikant unter dem bundesdeutschen Schnitt“liege. Zudem gebe es bisher nur ein geringes Potenzial, Innovationen in Wertschöpfung zu verwandeln. „Auch hier muss die Förderung ansetzen“, wird in dem Beschlussentwurf formuliert.
Kretschmer hatte im Vorfeld den Druck auf den Bund erhöht. Eine stärkere Wirtschaftsförderung strukturschwacher Regionen im Westen dürfte nicht zulasten Ostdeutschlands gehen, sagte er dieser Zeitung. „Wir müssen den ländlichen Raum noch stärker entwickeln.“
Die rot-rot-grüne Landesregierung Thüringens trifft sich in Altenburg das erste Mal mit dem Kabinett eines Nachbarlandes. Unter den Cdu-geführten Vorgängerregierungen hatten derartige gemeinsame Sitzungen noch häufiger stattgefunden.
Auf der Tagesordnung steht zudem eine gemeinsames Vorgehen gegen die Rechtsrockkonzerte. Man nehme mit „Besorgnis zur Kenntnis“, dass derartige rechtsextremistische Großveranstaltungen stetig zunähmen, heißt es in der entsprechenden Beschlussvorlage. Es müsse „alles rechtsstaatlich Mögliche“unternommen werden, um dieser Entwicklung entgegenzutreten. Dazu gehöre die Schulung der zuständigen Versammlungsbehörden, die zudem enger mit Polizei und Verfassungsschutz zusammenarbeiten sollen.