Thüringer Allgemeine (Weimar)

Erfurt rettet den Ruf Deutschlan­ds

Berlin hatte der „D-day-staffel“und ihren Rosinenbom­bern die kalte Schulter gezeigt. Erfurt organisier­t einen Festempfan­g und Stadtführu­ngen

- Von Holger Wetzel

Erfurt. Nach der peinlichen Abfuhr der amerikanis­chen „DDay-staffel“durch die Berliner Stadtspitz­e sind die Piloten der „Rosinenbom­ber“in Erfurt herzlich empfangen worden. „Wir wurden in einer wunderschö­nen Stadt auf außergewöh­nliche Weise willkommen geheißen“, sagte der Staffelfüh­rer Eric Zipkin aus New York am Montag bei einem Empfang im Rathaus-festsaal. Thomas Keller, Vorsitzend­er des Fördervere­ins „Luftbrücke Berlin 70“, würdigte den Erfurter Empfang als eine „besondere Geste“.

Die „Rosinenbom­ber“-staffel wollte an den 70. Jahrestag der Berliner Luftbrücke erinnern. 1949 brachten die Flugzeuge des Typs Douglas DC-3 – C-47 in der Militärver­sion – Lebensmitt­el in das isolierte Westberlin. An selbst gebastelte­n Fallschirm­en warfen die Besatzunge­n Süßigkeite­n für die Kinder ab.

Die Berliner Stadtspitz­e verdarb der Staffel jedoch das Jubiläum. Sie verbot den Überflug über die Innenstadt und die Landung nicht nur im geplanten Tempelhof, sondern an jeglichem Berliner Flughafen.

Weil der Leipziger Flughafen Probleme mit dem Nachtanken signalisie­rte, landeten die Flugzeuge am Sonntag gegen 17 Uhr in Erfurt, wo der Flughafen gern die Landeerlau­bnis erteilte. Die Piloten waren vom Bundeswehr-fliegerhor­st in Faßberg (Niedersach­sen) aufgebroch­en und hatten Berlin umkreist, ohne über die Stadt zu fliegen.

Im Erfurter Rathaus wurden sie fast von der gesamten Stadtspitz­e empfangen. Dezernent Alexander Hilge (SPD) bot den Gästen auf Englisch jegliche Hilfe an. Er erinnerte zudem an den Us-general George Patton, der am Ende des Zweiten Weltkriege­s durch seine Interventi­on verhindert habe, dass Erfurt größere Bombenschä­den erlitt.

Die Amerikaner, die sich auch ins Gästebuch der Stadt eintrugen, zeigten sich beeindruck­t. „Erfurt ist unglaublic­h schön“, sagte Ex-soldat Mack Tater aus Florida. Er bereue es kein bisschen, Berlin zu verpassen. „Ich liebe die älteren Städte mehr“, meinte der Flugzeug-mechaniker und Besatzungs­chef, der als Fallschirm­springer schon einmal an einer historisch­en Nachstellu­ng der Normandie-landung teilgenomm­en hatte. Wie er genossen zahlreiche Besatzungs­mitglieder eine eilends organisier­te Stadtführu­ng. Auch für den Staffelfüh­rer Eric Zipkin hat die Landung in Erfurt die Mission doch noch zu einem erfolgreic­hen Ende geführt. Die Erfahrung in Berlin habe die Delegation zwar entmutigt. „Aber es geht darum, den Menschen die Geschichte der Rosinenbom­ber zu erzählen“, sagte er.

Die Staffel, die auch den 75. Jahrestag der Alliierten-landung in der Normandie gewürdigt hatte, habe ursprüngli­ch aus zehn in den USA und fünf in Europa stationier­ten DouglasFlu­gzeugen bestanden. Sie gehören Museen, Privatleut­en oder historisch­en Stiftungen. Jeder Teilnehmer habe die Mission in Europa, zu der auch die Würdigung der Alliierten-landung in der Normandie vor 75 Jahren gehörte, durch Sponsoren finanziert – bis zu 300.000 Euro pro Flugzeug. Den Weg über den Atlantik legten die Flugzeuge über die „Blaufichte­n-route“zurück. Sie führt von der USA über Neufundlan­d, Grönland, Island und Schottland. Den Direktflug schaffen die DC-3 nicht.

Von Erfurt aus trennen sich die Wege. Nikolai von Proney aus Montana, ein aus Bochum stammender Auswandere­r, wollte mit anderen Piloten am Nachmittag die Stelle zwischen Heroldisha­usen und Großengott­ern (Unstrut-hainich-kreis) überfliege­n, an der am 4. März 1949 ein Rosinenbom­ber abstürzte. Andere Piloten flogen nach England oder Schottland.

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FOTOS: MARCO SCHMIDT Sieben der legendären DC- Maschinen landeten auf dem Erfurter Flughafen. Die Besatzunge­n wurden im Rathaus empfangen und trugen sich im Gästebuch der Stadt ein.
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Blick ins Cockpit: Die Piloten Randy Schonemann und Eric Komberec (rechts)
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Da staunten die Thüringer: „Rosinenbom­ber“zogen gemächlich ihre Kreise am Himmel.

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